Gottesdienst nach Gewalttat Potsdam gedenkt vier toter Heimbewohner

Potsdam · Vier weiße Rollstühle stehen vor dem Altar, sie sind leer und erinnern an die vier Toten, die bei der Gewalttat in Potsdam ums Leben gekommen sind. Im Gottesdienst zum Gedenken geht es um Trauer, aber auch um den Ruf, das Miteinander nicht zu verlieren - gerade jetzt.

 Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht während eines Gedenkgottesdienstes in der Nikolaikirche für die getöteten Bewohner des Oberlinhauses.

Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht während eines Gedenkgottesdienstes in der Nikolaikirche für die getöteten Bewohner des Oberlinhauses.

Foto: dpa/Soeren Stache

In einem bewegenden Gottesdienst hat Potsdam der vier toten Opfer der Gewalttat in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen gedacht. Vier weiße Rollstühle standen am Donnerstag auf der Empore vor dem Altar der Nikolaikirche mitten in der Sadt. Einige Besucher der Gedenkfeier der Stadt und der diakonischen Einrichtung, zu der das Wohnheim gehört, hatten Tränen in den Augen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zeigte sich erschüttert. „Was geschehen ist, macht uns bestürzt und ratlos. Seitdem ist nichts mehr wie es war“, sagte Woidke. Er warb dafür, das Vertrauen nicht zu verlieren. „Wir sind zutiefst erschüttert, weil es die Schwächsten waren, die besonders Hilfsbedürftigen, Menschen, die unsere Hilfe brauchen, die hier zu Opfern geworden sind.“ Hilfe funktioniere nur mit Vertrauen. „Dieses Vertrauen ineinander ist am 28. April auf fürchterliche Weise missbraucht und enttäuscht worden. (...) Und doch glaube ich auch weiter an die Kraft des Vertrauens.“

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) wandte sich mit seiner Anteilnahme an die Angehörigen der Opfer, aber auch an die Bewohner und Mitarbeiter der Einrichtung: „Machen wir deutlich, dass wir alle beieinanderstehen, dass Potsdam in diesen schweren Stunden zusammensteht und zusammenhält“, sagte Schubert.

In dem Wohnheim der diakonischen Einrichtung Oberlinhaus wurden am Mittwoch vergangener Woche die vier Bewohner getötet und eine Bewohnerin schwer verletzt. Tatverdächtig ist laut Staatsanwaltschaft und Polizei eine mittlerweile 52-jährige Pflegekraft. Sie ist inzwischen in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Nur einen Tag zuvor hatte die Aufsicht für unterstützende Wohnformen das Heim turnusmäßig geprüft, es gab aber dem Land zufolge keine Hinweise auf Vorfälle.

Zu dem Gottesdienst hatten die Stadt und die diakonische Einrichtung Oberlinhaus neben Angehörigen der Opfer und Bewohnern des Heims auch Potsdamer Bürger nach Anmeldung eingeladen. Insgesamt hatten unter Corona-Bedingungen nur 140 Menschen Platz. Der Gottesdienst wurde live im Internet übertragen. Auf dem Alten Markt vor der Kirche lag ein Kondolenzbuch aus. Nach dem Gottesdienst erklangen Kirchenglocken in Potsdam.

Auch ein digitales Kondolenzbuch wurde freigeschaltet. „Die unfassbare Tat vom Mittwoch vergangener Woche erschüttert uns alle zutiefst“, teilte der Theologische Vorstand des Oberlinhauses, Matthias Fichtmüller am Donnerstag dazu mit. „Wir können nur unsere Ohnmacht ausdrücken. Gemeinsames Schweigen kann trösten.“ Das digitale Kondolenzbuch unter www.wir-kondolieren.de solle es ermöglichen, die eigene Anteilnahme und Beileidsbekundungen einzutragen.

(lha/dpa)
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