Streit um Diesel-Fahrverbote Erstmals ist ein Vergleich mit der Umwelthilfe möglich

Wiesbaden · Zumindest in Hessen sieht es so aus, als ob Fahrverbote für Diesel noch abgewendet werden können: Denn erstmals ist ein Vergleich mit der Umwelthilfe in greifbare Nähe gerückt.

 Autos stehen auf der Hügelstraße in Darmstadt - einer Hauptverkehrsstraße - an einer roten Ampel (Symbolbild).

Autos stehen auf der Hügelstraße in Darmstadt - einer Hauptverkehrsstraße - an einer roten Ampel (Symbolbild).

Foto: dpa/Silas Stein

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) wollen nun mit dem Land Hessen außergerichtlich eine Lösung ausloten, wie künftig die Grenzwerte des gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxids (NO2) von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft eingehalten werden könnten. Darauf einigten sie sich nach rund sechsstündigen Verhandlungen am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden. Vom Tisch sind damit Fahrverbote auch in Darmstadt aber nicht.

Richter Rolf Hartmann legte den Verkündungstermin auf den 19. Dezember fest, unmittelbar vor der Verhandlung zu Diesel-Fahrverboten in Wiesbaden. Wenn sich die Parteien bis dahin nicht einigen, wird es ein Urteil geben.

Die Landesregierung hatte in der Verhandlung ein Konzept vorgelegt, das unter anderem ein Diesel-Fahrverbot für den Darmstädter City-Tunnel (Hügelstraße) und eine Einbahnstraßenregelung für eine wichtige Ausfallstraße vorsah. Von dem kleinräumigen Fahrverbot sollten alle Dieselfahrzeuge außer Euro-6 betroffen sein, sagte Marita Mang vom Umweltministerium in Wiesbaden. Das Verbot sollte auch für nachgerüstete ältere Autos gelten. Das Konzept umfasste auch zahlreiche der rund 200 Maßnahmen aus dem „Green City Plan“ der Stadt.

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„Der „Green City Plan“ war durchaus in sich schlüssig“, sagte Richter Hartmann nach der Verhandlung. Die Einbahnstraßenregelung sei jedoch nicht einfach gewesen und hätte viele verkehrspolitische Vorhaben konterkariert. Sie hätte weitreichende Umbaumaßnahmen mit sehr viel Aufwand erfordert und zu viel Zeit gekostet. „Sowohl der Kläger als auch die Stadt wären überhaupt nicht glücklich gewesen.“ Die Maßnahmen zur Einhaltung des Grenzwerts seien ohnehin vorübergehend. „Wenn die Automobilindustrie sich an Vorgaben hält und ehrliche Autos baut, werden die Messwerte voraussichtlich in fünf Jahren ohnehin eingehalten.“

DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch sagte nach der Verhandlung über ein Diesel-Fahrverbot in der 13. Stadt, Darmstadt sei die erste Kommune gewesen, die ein Konzept vorgelegt habe, „über das wir überhaupt reden konnten“. Er sei sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die DUH und das Land setzten sich jetzt zusammen, um außer den beiden vorgeschlagenen Straßen noch andere in den Blick zu nehmen, wo die Grenzwerte durch Verkehrsumleitungen überschritten werden könnten. „Die Vorgabe ist, die Einhaltung der Grenzwerte zum 1.1.2020, sonst gibt es ein Urteil.“ Heiko Nickel, Geschäftsführer des VCD, sagte: „Es sollte in jedem Fall auf eine Kernzone hinauslaufen.“

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Darmstadt hatte sich gegen die vom Land vorgeschlagene Einbahnstraßenregelung und Diesel-Fahrverbote gewehrt. Mit dem „Green City Plan“ könne der NO2-Grenzwert bis 2020 eingehalten werden, sagten Vertreter der Stadt während der Verhandlung. Die Umwelthilfe hat bislang gegen die Luftreinhaltepläne von 30 Städten in der Bundesrepublik Klage eingereicht.

Im Streit um die automatische Erfassung von Autokennzeichnungen für die Kontrolle von Fahrverboten wehrt sich das Bundesverkehrsministerium gegen Kritik. Die Bundesregierung schaffe lediglich den rechtlichen Rahmen für die Automatisierung bereits bestehender Kontrollmöglichkeiten, sagte ein Sprecher. Der Bund mache den Kommunen damit ein Angebot, es gehe nicht um die bundesweite Einführung des Verfahrens. Zuständig für die Kontrollen seien die örtlichen Behörden. Zudem gehe es nur darum, Verstöße gegen Fahrverbote für ältere Diesel festzustellen, Daten müssten dann „unverzüglich“ gelöscht werden.

Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, der eine automatisierte Nummernschild-Erfassung zur Kontrolle der Fahrverbote ermöglicht, muss noch durch den Bundestag und Bundesrat. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, sagte dem „Handelsblatt“, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kriminalisiere damit Autofahrer pauschal und nehme „Massenüberwachung“ in Kauf. Auch die Opposition und Datenschützer kritisieren den Entwurf.

(felt/dpa)
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