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Brandkatastrophe in Titisee-Neustadt Die Ermittler stehen vor einem Rätsel

Titisee-Neustadt · Am Tag nach der Katastrophe steht eine ganze Region unter Schock. 14 Menschen kamen am helllichten Tag ums Leben. Spezialisten versuchen in akribischer Kleinarbeit, die Ursache des Unglücks zu ermitteln. Der Fall gibt Rätsel auf. Denn Hinweise auf Mängel beim Brandschutz liegen bislang nicht vor.

Tote bei Brand in Behinderten-Einrichtung
17 Bilder

Tote bei Brand in Behinderten-Einrichtung

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Die ganze Nacht über ermittelten Brandschutzexperten am Unglücksort. In dem Behindertenheim der Caritas waren am Tag zuvor 14 Menschen ums Leben gekommen. Am Dienstagmorgen gab die Polizei Details zur Identität der Opfer bekannt.

Demnach starben durch den Brand zehn behinderte Frauen im Alter von 28 bis 68 Jahren sowie drei Männer mit Handicaps zwischen 45 und 68 Jahren. Auch eine 50-jährige Betreuerin kam ums Leben. Sie starben vermutlich durch Rauchvergiftungen.

Angaben zur Unglücksursache machten die Behörden noch nicht. Die akribisch geführten Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen, hieß es in einer Mitteilung.
Am späten Nachmittag will die Polizei zusammen mit anderen Behörden und Institutionen eine Pressekonferenz geben.

Das Unglück wirft zahlreiche Fragen auf

Zur Stunde suchen die Spezialisten nach der Ursache: Was löste den Brand aus und wie konnte er sich so schnell ausbreiten? Warum konnte auich die zur Feuerwehr geschaltete Brandmeldeanlage die Katastrophe nicht vermeiden? Die Opfer saßen in der Falle. Nur in höchster Not konnten sich rund 100 weitere Menschen retten, acht von ihnen erlitten Verletzungen. Sie wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht. Lebensgefahr bestand den Angaben nach nicht.

Die Ermittler sollen nun herausfinden, welche Faktoren das Unglück so tödlich machten, obwohl doch eigentlich alle - in Baden-Württemberg durchaus strengen - Sicherheitsanforderungen erfüllt waren. Hinweise auf fehlende Sicherheitseinrichtungen oder Mängel beim Brandschutz habe es nach einer ersten Beurteilung nicht gegeben, sagte ein Feuerwehrsprecher.

Die automatische Brandmeldeanlage habe angeschlagen, der Brandschutz zumindest ein Ausbreiten auf andere Stockwerke verhindert. Eine eigene Sprenkelanlage habe es in dem betroffenen Neubau nicht gegeben.

Konsequenzen stehen im Raum

Dass es mehrere Detonationen gegeben haben soll, konnte die Polizei weiterhin nicht bestätigen. Es sei über explosionsartige Geräusche berichtet worden, dabei könne es sich aber auch um berstende Scheiben gehandelt haben.

Der Präsident des Deutschen Caritas Verbandes, Peter Neher, kündigte an, das Notfall-Konzept der Werkstatt untersuchen lassen.

Es sei logisch, dass nach so einer Katastrophe alle Einsatzmaßnahmen und Notfallpläne genau überprüft werden müssten, sagte Neher am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Bisher sei alles so geregelt gewesen, dass man davon ausgehen habe können, dass keine Katastrophe eintrete, sagte er weiter. Spezialisten müssten sich nun auf die Suche nach den Ursachen machen. Dann würden mögliche Konsequenzen geprüft.

"Jeden Monat neue Brandtote"

Dass es Folgen geben muss, steht für die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung völlig außer Frage. Stiftungsvorstand Eugen Brysch bemängelte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung", Pflegebedürftige und Behinderte hätten keine Chance, sich selbst zu retten. Er forderte deshalb, soziale Einrichtungen innerhalb der nächsten vier Jahre verpflichtend mit selbsttätigen Sprinkleranlagen auszurüsten: "Was für die deutschen Flughäfen gilt, muss gerade für Einrichtungen der Pflege- und Behindertenfürsorge gelten."

Die derzeitigen Zustände seien "unerträglich", kritisierte Brysch. "Jeden Monat gibt es neue Brandtote." Betreiber und Bauminister wollten der Bevölkerung offenbar "vorgaukeln", dass Brandtote in solchen Einrichtungen ein unausweichliches Lebensrisiko seien. "Die Opferzahlen zeigen, dass diese Ignoranz Menschenleben kostet", sagte Brysch.

Brandmeldeanlagen wie in Titisee-Neustadt bieten seiner Ansicht nach keinen ausreichenden Schutz. Bei den meisten Brandunglücken würden die Menschen nicht am Feuer, sondern an Rauchvergiftung sterben. Ohne Sprinkleranlage stoße auch die beste und schnellste Feuerwehr oft an ihre Grenzen, weil sie anders als eine automatische Löschanlage Zeit für die Anfahrt, Orientierung und Menschenrettung brauche.

Das Feuer war am Montagnachmittag in einer Behindertenwerkstatt der Caritas im Ortsteil Neustadt ausgebrochen, in der etwa 120 Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung unter anderem in der Metall- und Holzverarbeitung sowie in der Elektromontage beschäftigt waren. Feuerwehr und Rettungsdienste waren mit einem Großaufgebot im Einsatz, auch zwei Rettungshubschrauber flogen zum Unglücksort. Angehörige der Opfer werden den Angaben zufolge psychologisch betreut.

(APD/KNA)
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