Deutschland steht vor Epidemie Bund richtet Corona-Krisenstab ein – fünf Fälle in NRW

Gangelt/Düsseldorf · In NRW gibt es mehrere Infektionsfälle, die zusammenhängen, auch ein Klinikarzt aus Mönchengladbach ist betroffen. Minister Spahn sieht den Beginn einer Epidemie.

 Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der Pressekonferenz am Mittwoch.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der Pressekonferenz am Mittwoch.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in Deutschland bildet die Bundesregierung einen Krisenstab. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollen an diesem Donnerstag über die Einrichtung informieren. Spahn sagte, Deutschland stehe am Beginn einer Epidemie.

Am Dienstag und Mittwoch war bekannt geworden, dass sich ein Ehepaar aus dem Kreis Heinsberg, ein Soldat vom Standort Köln-Wahn, sowie eine Mitarbeiterin des schwer erkrankten 47-Jährigen und ihr Lebensgefährte mit dem Virus infiziert hatten.

Verdachtsfälle wurden unter anderem auch in Leverkusen, Mehr zu den aktuellen Entwicklungen in unserem Liveblog.

Das Ehepaar aus dem Kreis Heinsberg sei in den vergangenen Tagen mit zahlreichen Menschen in Kontakt gekommen, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Die beiden, die in der Nacht zu Mittwoch in die Düsseldorfer Universitätsklinik gebracht wurden, hätten noch zwei Wochen am gesellschaftlichen Leben teilgenommen. Wegen der langen Inkubationszeit des Virus – in der Regel 14 Tage – hätten beide also eine Vielzahl von Menschen anstecken können. Der Gesundheitszustand des 47-jährigen Mannes ist weiterhin kritisch.

Wie groß der Personenkreis ist, mit dem das Paar Kontakt hatte, ist nicht eindeutig. Der Ehemann hatte am Karneval in der Gemeinde Gangelt teilgenommen. Landrat Stephan Pusch nannte ausdrücklich den Besuch einer Sitzung in Gangelt-Langbroich. Zahlreiche Kontaktpersonen müssten in häusliche Quarantäne, sagte Laumann. Hauptziel sei es, die Infektionsketten zu unterbrechen. Ein Bundeswehrsoldat, der auf derselben Karnevalsfeier war, wurde auch positiv auf das Coronavirus getestet. Der Soldat befindet sich derzeit im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz.

Coronavirus: Erste Fall im Kreis Heinsberg - Fotos
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Kreis Heinsberg am Tag nach dem Corona-Fall

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Foto: dpa/Jonas Güttler

Die erkrankte Ehefrau des Paares aus Gangelt arbeitet als Erzieherin. Die Kinder und deren Eltern aus der Einrichtung, in der die Frau tätig ist, seien ebenfalls angewiesen worden, zu Hause zu bleiben. Die Kita ist für zwei Wochen geschlossen. Alle übrigen Kindergärten und Schulen sind bis einschließlich Montag dicht. Die beiden Kinder des erkrankten Ehepaars zeigen bisher keine Symptome. Sie wurden auf das Virus getestet. Ein Ergebnis wird am Donnerstag erwartet, ebenso im Fall der Kinder aus der betroffenen Tagesstätte. Wo oder bei wem sich das Ehepaar angesteckt hat, ist bisher nicht bekannt.

Das Paar war am Rosenmontag in einer Erkelenzer Klinik vorstellig geworden. Der Mann habe bereits seit dem 16. Februar über Symptome wie Fieber und Husten geklagt, sagte der ärztliche Direktor des Hermann-Josef-Krankenhauses, Harry Elsbernd. „Bei der Aufnahme fiel bereits eine deutlich eingeschränkte Lungenfunktion auf“, berichtete Elsbernd. Der Patient sei auf die Intensivstation des Krankenhauses verlegt worden. Kurz danach verschlechterte sich sein Zustand rapide. Nachdem eine Grippe-Infektion ausgeschlossen werden konnte, sei schnell der Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion aufgekommen – der sich auch bestätigte. Am Mittwoch wurde das Ehepaar dann in die Uniklinik Düsseldorf transportiert. Der Mann leidet an einer Vorerkrankung.

Damit in Zusammenhang steht auch der erste bestätigte Fall in Mönchengladbach. Betroffen ist ein Arzt aus den Kliniken Maria Hilf, der im Kreis Heinsberg wohnt und sich bei dem 47-Jährigen aus Gangelt angesteckt haben soll. Das bestätigte ein Sprecher der Kliniken Maria Hilf unserer Redaktion. Bei dem Arzt sei ein Abstrich genommen worden, weil er mit dem 47-Jährigen in Kontakt gestanden hatte. Am Mittwochabend informierte das Labor dann über das positive Testergebnis die Klinikleitung. „Jetzt werden alle Personen getestet werden, die Kontakt zu unserem ärztlichen Mitarbeiter hatten“, sagte ein Kliniksprecher. Noch am Abend kam der Krisenstab in Mönchengladbach zusammen.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, sieht den Höhepunkt an Coronavirus-Infektionen in Deutschland noch nicht erreicht: „Ich rechne damit, dass die Zahl der gemeldeten Fälle noch steigen wird.“

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