Müller neuer Präfekt der Glaubenskongregation Deutscher leitet Glaubensbehörde im Vatikan

Regensburg/Rom · Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller ist neuer Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan. Papst Benedikt XVI. berief Müller mit sofortiger Wirkung in das hohe Amt, wie das Bistum Regensburg am Montagmittag mitteilte. Das bedeutende katholische Wächteramt hatte Joseph Ratzinger bis zu seiner Wahl zum Papst inne.

 Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller ist neuer Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan.

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller ist neuer Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan.

Foto: dpa, Federico Gambarini

Direkt neben dem Petersplatz in Rom, jenseits von Berninis grandiosen Kolonnaden und gegenüber vom Apostolischen Palast mit der Papstwohnung steht das so alte wie düster wirkende Gebäude des Heiligen Offiziums. Das ist der Sitz des ältesten und bedeutendsten Dikasteriums in der Zentrale der Römischen Weltkirche. Dort ist bald ein Deutscher Präfekt der Kongregation für die Glaubens-und Sittenlehre: der von Benedikt XVI. hoch geschätzte Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller.

Nach dem Karrieresprung des weltweit angesehenen Dogmatik-Professors, kann der gebürtige Mainz-Finthener Müller künftig seinem Landsmann auf dem Stuhl Petri über gut 200 Meter Luftlinie zuwinken. Nach dem bayerischen Papst und dessen italienischem Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone wäre der Philosoph und Theologe Müller, dessen Doktor- und Habilitationsvater Karl Kardinal Lehmann (Mainzer Bischof) war, die inoffizielle Nummer drei in der Kurien-Hierarchie.

Und wer weiß: Sollte der neue Präfekt der vatikanischen Tradition folgend vom Heiligen Vater zum Kardinal kreiert werden, wäre der mehrsprachige Geistliche mit besten Verbindungen zur Kirche Lateinamerikas beim nächsten Konklave womöglich eine europäische Schlüsselfigur bei der Suche nach einem ersten Pontifex vom südamerikanischen Kontinent.

Spanisch ist Müller zu einer Art zweiter Muttersprache geworden. Er, der im Regensburger Bistum, in der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und unter so genannten Reformkatholiken zu den kirchlich Konservativen gerechnet wird, ist sozial- und entwicklungspolitisch beinahe ein Linker, jedenfalls konsequent bei den Armen und Entrechteten. Derselbe Geistliche, der in seiner Diözese (er leitet sie seit 2002) aufmüpfige Theologen maßregelte, der eine kirchenrechtlich korrekte, an der katholischen Basis aber teilweise unpopuläre Reform der Laienräte vornahm, ist ein polyglotter Denker und Seelsorger. Er hält dem "Befreiungstheologen" Gustavo Gutierrez seit langem Freundschaft und Treue und hat mit ihm im Sankt-Ulrich-Verlag das Buch "An der Seite der Armen" verfasst.

Wer glaubt, er könne Bischof Müller geistig in einer Schublade verorten, wird schnell dazu lernen müssen. Derselbe Bischof, der gegen "ideologisch verblendeten", kirchenfeindlichen Liberalismus und Atheismus wettert, der auf dem Höhepunkt der aufgedeckten Fälle von Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche manchen Medien hasserfüllte Kirchenhatz nach Nazi-Art vorhielt, ist privat ein humorvoller, leise und nachdenklich formulierender Priester.

Als Ökumene-Beauftragter der Bischofskonferenz plädiert der künftig erste Anwalt und Wächter der reinen katholischen Lehre für differenziertes Vorgehen bei der Suche nach mehr Gemeinschaft der konfessionell gespaltenen Christenheit. Im Gespräch mit unserer Redaktion warnte Müller vor knapp einem Jahr vor einer Ökumene "mit der Brechstange". Salopp sagte er es so: "Wir Katholiken können nicht katholisch werden in dem Sinne: Die Evangelischen haben zwei Sakramente, wir haben sieben, also einigen wir uns auf fünf." Auch bei der neu entfachten Debatte über die Zulassung geschiedener Wiederverheirateter zu den Sakramenten ist Müller gegen ein hauruckartiges "Machen wir!"

Die Kirche könne keine pauschalen Zugeständnisse machen, die lehrmäßig nicht in Ordnung seien. Er betont das "Geschenk der Unauflöslichkeit der Ehe", die nach katholischem Verständnis ein Sakrament ist. Man müsse pastoral jeden Einzelfall betrachten, dürfe aber nicht generell und augenzwinkernd sagen, wiederverheiratete Geschiedene könnten einfach zur Heiligen Kommunion gehen.

(RP/sap/dpa/rm)
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