Sieben Jahre nach Anschlag in Djerba Deutscher Islamist fürchtet "Hinrichtung"

Paris (RPO).

 Am 11. April 2002 brachte Nisar Nawar einen mit Flüssiggas gefüllten Lastwagen vor einer Synagoge der tunesischen Ferieninsel Djerba zur Explosion.

Am 11. April 2002 brachte Nisar Nawar einen mit Flüssiggas gefüllten Lastwagen vor einer Synagoge der tunesischen Ferieninsel Djerba zur Explosion.

Foto: AP, AP

Paris (RPO). Knapp sieben Jahre nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Djerba mit 14 deutschen und sieben weiteren Todesopfern hat in Paris der Prozess gegen drei mutmaßliche Hintermänner begonnen. Der deutsche Islamist Christian Ganczarski aus Duisburg und der Bruder des tunesischen Attentäters, Walid Naouar, wurden am Montagmorgen mit Handschellen vor das Schwurgericht geführt.

Dritter Angeklagter ist Al-Kaida-Führer Khalid Sheikh Mohammed, der allerdings wegen der Attentate vom 11. September 2001 bereits von den USA in Guantanamo festgehalten wird. Die Verdächtigen sind wegen Beihilfe zum Mord sowie Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt, ihnen drohen lebenslange Haftstrafen.

Ganczarski wies die Anschuldigungen zum Prozessauftakt entschieden zurück. Er habe mit dem Attentat nichts zu tun gehabt: "Hier geht es nicht um Wahrheitsfindung, sondern um eine Hinrichtung", sagte der 42-Jährige. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte er am Freitag um Hilfe gebeten. Entlastende Elemente der deutschen Behörden seien für den Prozess nicht übersetzt worden. Sein Anwalt Sebastien Bono beklagte eine Vorverurteilung seitens des heutigen französischen Staatschefs Nicolas Sarkozy.

"Keine Chance auf faires Verfahren"

Dieser hatte bereits unmittelbar nach der Festnahme Ganczarskis 2003 in Paris als damaliger Innenminister vor dem Parlament erklärt, der Deutsche sei ein Internetspezialist und wichtiges Mitglied von Al Kaida. Er ist auf einem Video als Zuhörer bei einer Rede von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden in Afghanistan zu sehen. "Wenn der Staatspräsident als Garant der Unabhängigkeit der Institutionen die Regeln verletzt, haben wir keine Chance auf ein faires Verfahren", sagte Bono am Montag.

Sheikh Mohammed soll den Attentäter Nisar Nawar beauftragt haben, sich am 11. April 2002 mit einem mit Flüssiggas gefüllten Lastwagen vor der Ghriba-Synagoge auf der tunesischen Ferieninsel Djerba in die Luft zu sprengen. In dem Flammeninferno kamen neben den Deutschen auch fünf Tunesier und zwei Franzosen ums Leben, deswegen findet der Prozess in Paris statt.

Nawars Bruder Naouar wusste laut Ermittlungen von dem geplanten Anschlag und soll das Satellitentelefon besorgt haben, mit dem der Attentäter wenige Stunden vor der Tat mit Mohammed und Ganczarski telefonierte. Das Gespräch mit Ganczarski fing der Verfassungsschutz ab. Der Deutsche räumte zwar das Telefonat ein, bestreitet aber die Anschuldigung, darin grünes Licht für das Blutbad gegeben zu haben.

"Er wird sich der Verantwortung nicht entziehen können"

"Die Beweislage gegen ihn ist gut", sagte Judith Adam-Cumeil, Vertreterin der deutschen Opferangehörigen, zum Prozessauftakt. Beamte des Bundeskriminalamtes würden in dem auf fünf Wochen angelegten Prozess angehört, zudem gebe es zahlreiche belastende Zeugenaussagen. "Ganczarski war einer der leitenden Figuren von Al Kaida. Er wird sich seiner Verantwortung nicht entziehen können", sagte die deutsche Anwältin.

Die Bundesanwaltschaft hatte unmittelbar nach dem Djerba-Anschlag versucht, gegen Ganczarski einen Haftbefehl zu erreichen. Der Bundesgerichtshof sah jedoch in dem Telefonat mit dem Attentäter keinen ausreichenden Beleg für seine Verwicklung in den geplanten Anschlag, so wurde er nach Vernehmungen auf freien Fuß gesetzt und konnte sich nach Saudi-Arabien absetzen, bevor er 2003 ausgewiesen und in Paris festgenommen wurde.

Der Islamist hat zwar Kontakte zu Al Kaida und Aufenthalte in afghanischen Ausbildungslagern des Terrornetzes zugegeben. Die Unterstützung einer ausländischen Terrororganisation war 2002 in Deutschland aber noch nicht strafbar.

(AP)
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