Studie mit erschreckendem Ergebnis Deutsche Eltern nehmen sich zu wenig Zeit für ihre Kinder

Berlin (RPO). Deutschland ist in puncto Kinderfreundlichkeit nur Mittelmaß. Das ist das Ergebnis einer Unicef-Studie. In vielen anderen Industrienationen nehmen sich Eltern deutlich mehr Zeit für ihre Kinder. Spitze ist Deutschland nur, wenn es um rauchende Jugendliche geht: Nirgendwo sonst greifen so viele Minderjährige zur Zigarette.

Bundesländer-Ranking: Wo es Kindern gut geht
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Foto: DDP

Studienleiter Hans Bertram von der Humboldt-Universität machte zudem ein "enormes Gefälle" innerhalb Deutschlands aus. In Bremen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin häuften sich negative Einflüsse für Kinder.

Unicef verglich die materielle Situation, Gesundheit, Bildung, Beziehungen zu Eltern und Gleichaltrigen, Lebensweise und Risiken sowie die eigene Einschätzung der Kinder und Jugendlichen aus 21 Industrienationen. Dabei landete Deutschland auf dem elften Platz.

Das kinderfreundlichste Land ist laut Unicef die Niederlande, gefolgt von Schweden, Dänemark, Finnland und Spanien. Am schlechtesten schnitt Großbritannien ab, nur wenig besser leben die Kinder in den USA.

Der Studie zufolge entscheidet nicht die Wirtschaftsleistung eines Staats allein über die materielle Situation von Kindern. So gehe es dem Nachwuchs in Tschechien trotz einer deutlich geringeren Wirtschaftsleistung materiell insgesamt besser als Kindern in Deutschland, Italien oder Japan.

Kinder in Stadtstaaten besonders gefährdet

Insbesondere in den Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg seien Kinder in hohem Maße armutsgefährdet. Als besonders besorgniserregend beschreibt die Studie das Risikoverhalten deutscher Jugendlicher. Fast jeder sechste 15-Jährige rauche mindestens einmal die Woche - im Gesamtschnitt aller Länder ist es dagegen nur jeder zehnte.

Die Familienbande sind in Deutschland ebenfalls deutlich schwächer als in den meisten anderen Ländern. Bei den 15-Jährigen essen vier von fünf zwar noch mehrmals in der Woche mit ihren Eltern zusammen.

Innerhalb Deutschlands gibt es der Untersuchung zufolge sehr starke Unterschiede. So ist in Bremen das Risiko, dass beide Elternteile arbeitslos sind, viermal so hoch wie in Bayern. Bei den Teenager-Schwangerschaften liegt Deutschland insgesamt mit Platz zwölf im Mittelfeld. Baden-Württemberg gehört hier mit einem Wert von weniger als acht Schwangerschaften unter tausend Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren ein Platz in der Spitzengruppe, während Bremen und Berlin mit doppelt sovielen Teenager-Schwangerschaften international im unteren Drittel liegen.

Studienleiter Bertram bezweifelt, dass die besonders kinderunfreundlichen Bundesländer Bremen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin aus eigener Kraft Lebensbedingungen wie in anderen Bundesländern schaffen können. In Deutschland hätten politische Maßnahmen und Entscheidungen für Familien und Kinder oft nur wenig bewirkt, weil sie nicht aufeinander abgestimmt und nicht zielgerichtet geplant und durchgeführt worden seien, erklärte Bertram.

(afp2)
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