Südbayern versinkt im Schnee "Der totale Wahnsinn"

München (rpo). Das Tolle an München ist: Wenn man Wintersportler ist, muss man nicht weit fahren, um in die Skigebiete zu kommen. Derzeit muss man gar nicht fahren. Selbst in der Innenstadt trifft man auf Skilangläufer. Viele Passanten trauen bei solchen Bildern Anfang März ihren Augen kaum. Ein Lagebericht aus der bayerischen Landeshauptstadt.

Die Schneemassen kehren zurück
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Foto: ddp

"Das ist der totale Wahnsinn", sagt ein Mann kopfschüttelnd und stapft mühsam durch rund 40 Zentimeter Neuschnee. Die weiße Pracht türmt sich an Straßen und Gehwegen, Autos sind in ihren Parklücken fast komplett eingeschneit, die Äste der Bäume halten der Schneelast kaum noch stand.

Busse und Trambahnen haben den Verkehr wegen des vielen Schnees aus Sicherheitsgründen längst eingestellt, in Bayerisch Schwaben und im Allgäu kommt der Zugverkehr komplett zum Erliegen: Es herrscht Ausnahmezustand im südlichen Freistaat.

Vor allem die Bewohner der Städte können es kaum fassen. "So viel Schnee habe ich hier noch nie erlebt", sagt der 26-jährige Roland aus München. Seit einer Viertelstunde versucht er mit einem vom Hausmeister ausgeliehenen Besen seinen Kleinwagen aus den Schneebergen zu befreien. Er ist genervt. Er habe einfach schon lange keine Lust mehr auf Winter und jetzt noch mal dieser Einbruch. "Mir reicht's einfach", sagt er völlig außer Atem.

"Einfach wunderbar"

Ganz anders die Stimmung dagegen bei der zweijährigen Anna-Sophie. Interessiert beobachtet sie den jungen Mann beim Ausbuddeln seines Autos und schmeißt sich dann juchzend in einen Schneehaufen. Auch ihre Mutter Iris ist von der weißen Pracht in der Münchner Innenstadt begeistert: "Für Autofahrer zwar eine Katastrophe, aber für uns einfach wunderbar", resümiert sie. Auch sie habe noch nie so viel Schnee in München erlebt, geschweige denn jemals eine Langläuferin über den Gehsteig schlittern sehen.

Auf vielen Straßen in Bayern geht es am Sonntag nur im Schritttempo voran. Hinter Schneepflugkolonnen bilden sich kilometerlange Staus, die Polizeipräsidien in Oberbayern und Schwaben zählen Dutzende Blechschäden.

Auf den Autobahnrastplätzen entlang der besonders betroffenen A 8 herrscht überwiegend schlechte Stimmung: "Fünf Stunden für 130 Kilometer, das ist doch Wahnsinn", sagt eine Frau. Aber Hauptsache, sie müsse die Nacht nicht auch im Wagen verbringen, wie viele Autofahrer auf der Autobahn Richtung Stuttgart. Davon habe sie im Radio gehört: "Der absolute Albtraum."

"Bis zum Bauchnabel"

Dieter Bottek vom Polizeipräsidium Schwaben sagt, er könne sich an solche Mengen von Schnee auch in Augsburg nicht erinnern. 1962/63 habe es wohl mal einen ähnlich strengen Winter gegeben, aber da sei er "noch ein kleiner Bub" gewesen. Um mit seinem Wagen ins Präsidium zu kommen, brauchte der Polizist an diesem Sonntag mehr als doppelt so lange.

Auch sein Kollege aus dem Polizeipräsidium Oberbayern, Wolfgang Hausladen, hatte an diesem Sonntagmorgen Probleme, zur Arbeit zu gelangen. "Bis zum Bauchnabel" habe er im Schnee gestanden, um seinen Wagen freizuschaufeln, erzählt er und spricht von einer "Extremsituation".

Wetterexperte Winfried Knobloch vom Deutschen Wetterdienst in München pflichtet den beiden Polizeibeamten bei: Auch er könne sich kaum an ähnlich viel Schnee erinnern. Insgesamt einen halben Meter Schnee habe er am Sonntag in München gemessen - seit 1942 der höchste Wert, berichtet er.

Damals seien es in der Landeshauptstadt gar 76 Zentimeter gewesen. Auch im Allgäu habe es am Wochenende außergewöhnlich viel geschneit. Dort nehme man den vielen Schnee aber wesentlich gelassener als in den Großstädten: "Die sind's halt einfach gewöhnt."

(afp2)
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