Kurioses Hobby Der "Städte-Sammler" mag Moers mit jedem Besuch lieber

Moers · Wolfram Opp war in jeder der 76 deutschen Großstädte. Moers fand er 2007 noch "trostlos". Jetzt war er zum zweiten Mal da – und ist mit der Stadt versöhnt.

 Großstadt-Tourist Wolfram Opp vor dem Moerser Bahnhof.

Großstadt-Tourist Wolfram Opp vor dem Moerser Bahnhof.

Foto: dpa, Marius Becker

Wolfram Opp war in jeder der 76 deutschen Großstädte. Moers fand er 2007 noch "trostlos". Jetzt war er zum zweiten Mal da — und ist mit der Stadt versöhnt.

Andere sammeln Bierdeckel oder Briefmarken. Wolfram Opp (68) sammelt Städte. Deutsche Großstädte, um genau zu sein. Weil man die in kein Album kleben kann, muss man hinreisen. Das hat er getan. Sämtliche 76 deutschen Städte mit mindestens 100.000 Einwohnern — erst dann sind es Großstädte — hat er in den vergangenen 25 Jahren besucht.

Und "weil einmal keinmal ist", hat sich der Lübecker vorgenommen, sämtlichen Großstädten mindestens zwei Besuche abzustatten. Bald ist es soweit: "Es fehlt nur noch der zweite Besuch in Ingolstadt, Erlangen und Offenbach." Im kommenden Jahr soll das geschafft sein.

Soeben war Wolfram Opp in Moers — wie immer mit dem Zug. Damit hat Opp das Kapitel Nordrhein-Westfalen geschlossen; in sämtlichen 28 Großstädte in NRW (kein anderes Bundesland hat mehr) war er nun zwei Mal.

Wie er zu seinem ungewöhnlichen Hobby kam? "Das Reisen hat mich schon immer interessiert", sagt Opp, der inzwischen im Ruhestand ist. Und damals in der DDR, als er im damaligen Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) lebte, erst als Mathe- und Sport-Lehrer, dann als Justiziar arbeitete, hörte er in den westlichen Medien immer die Städtenamen aus der nahen und doch so fernen Bundesrepublik.

In der DDR schienen die West-Städte so fern

"Da habe ich eine gewisse Sehnsucht entwickelt. Damals habe ich ja noch gedacht: 'Da kommst du nie hin.'" Doch 1988 wird sein Ausreiseantrag bewilligt. Opp legt los und steuert die unbekannten Städte mit den vertrauten Namen an. Auf einer langen Liste deutscher Städte trägt er jedes Mal das Besuchsdatum ein.

Nun ist er binnen zweieinhalb Jahrzehnten zum Kenner deutscher Urbanität geworden, bleibt bei der Frage nach der hässlichsten Stadt aber diplomatisch: "Ich will in jeder Stadt gewesen sein. Ob die schön ist oder nicht, interessiert mich nicht." Außerdem sei der Eindruck sehr subjektiv: "Das hängt vom Wetter ab und vom eigenen Befinden." Fast jede Stadt habe auf den zweiten Blick ihre schönen Ecken — manchmal müsse man eben etwas laufen, bevor man sie findet.

Grundsätzlich seien die großen Metropolen im Vorteil — schon allein von der Anzahl der Sehenswürdigkeiten. Nach einigem Zögern sagt er: "Dresden ist wunderschön." Recklinghausen? Na ja, da ging es ihm nicht so gut.

Der erste Eindruck täuscht oft

Auf den ersten Eindruck am Bahnhof dürfe man ohnehin nicht allzu viel geben, sagt Opp. Das sei selten die schicke Visitenkarte einer Stadt. Nach ein paar Minuten Fußmarsch ändere sich das Bild meistens.
Herausgeputzt hätten sich in den vergangenen 25 Jahren vor allem die ostdeutschen Städte.

In Moers war er 2007 schon einmal. Sein erster Eindruck: "Trostlos." Aber an der ersten großen Kreuzung kommt die Erinnerung: "Jetzt erkenne ich das wieder", sagt er und freut sich. Ausgerüstet mit Funktionsjacke, Cargo-Hose und Rucksack erkundet Opp die Stadt zu Fuß. Am Abend hat er auch an Moers noch die schöne Seite wiederentdeckt. Vom "wunderschönen Schlosspark und einer netten Fußgängerzone", berichtet er, als er wieder im Zug sitzt.

(dpa)
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