Oft ein unerfüllter Traum Der Ex als bester Freund

Tübingen (rpo). Eine Trennung ist ganz schön schmerzlich. Schließlich kennt keiner einen so gut wie der Partner. Doch die Beziehung gehört nun der Vergangenheit an. Und doch möchte man nicht richtig loslassen. Der Ex soll weiterhin zum Leben gehören; als guter Freund. Das gelingt allerdings nur wenigen.

 Manche Paare verstehen sich nach ihrer Trennung besser als während ihrer Beziehung.

Manche Paare verstehen sich nach ihrer Trennung besser als während ihrer Beziehung.

Foto: Jens Schierenbeck, gms

Camillas Verflossener demonstrierte es eindrucksvoll: Selbstbewusst und souverän schritt Andrew Parker Bowles in die St. Georges Kapelle auf Schloss Windsor zur kirchlichen Trauung seiner Ex-Frau mit dem britischen Thronfolger. Englischen Medien zufolge soll er Prinz Charles sogar noch zugerufen haben: "Sie ist eine tolle Frau". Ein so lockerer Umgang mit dem neuen Glück der Ex-Partnerin ist nicht einfach.

"Oft sitzen die Verletzungen und Kränkungen so tief, dass nach der gescheiterten Liebe kaum eine Freundschaft möglich ist", glaubt der Psychologe Prof. Dirk Zimmer aus Tübingen. Er ist überzeugt, dass es ein "überzogener Anspruch" ist, nach einer gescheiterten Beziehung noch "Gut Freund" miteinander zu sein. Der Psychotherapeut Gunter König aus Schwäbisch Hall spricht gar von einem Traum – auch wenn manch ein Traum mitunter Wirklichkeit wird.

"Wichtig ist, dass man sich über die Motive der neuen Kontaktaufnahme klar wird", rät Zimmer. Bei vielen stecke der heimliche Wunsch dahinter, die Beziehung wieder aufleben zu lassen oder sich zu rechtfertigen. Für den Kölner Psychologie-Professor Jörg Fengler hat es gar etwas Kokettes: "Viele wollen austesten, wie attraktiv sie noch für den anderen sind, wollen sich den anderen warm halten." Zudem gibt Fengler zu bedenken, warum man sich gerade den Ex-Mann als Tennis-Partner, Opernbegleitung oder Essens-Verabredung aussucht. "Ist die Welt tatsächlich so arm an anderen Freunden?"

Ganz praktische Gründe hat oftmals die Kontaktaufnahme, wenn Kinder im Spiel sind. "Die alten Kränkungen dürfen dann nicht über die Kinder ausgetragen werden", warnt Zimmer. Stattdessen sollten klare Absprachen getroffen werden, um Konflikte zu vermeiden. "Sind einige Probleme noch nicht ganz ausgestanden, sollten die Eltern den Kontakt auf ganz konkrete Vereinbarungen beschränken", empfiehlt auch Fengler. An die gelte es sich dann unbedingt zu halten, auch wenn dies zunächst nur einseitig geschieht.

Doch bei allen Bedenken halten Paartherapeuten und Psychologen den Wunsch, mit dem Ex-Partner weiter befreundet zu sein, für mehr als verständlich. Zum einen ist es oft eine große Enttäuschung, sich einzugestehen, dass einen mit der langjährigen Liebe doch nicht mehr so viel verbindet. Also versucht man die Beziehung - wenn auch platonisch - aufrecht zu erhalten. "Eine Trennung ist häufig für das Selbstbild bedrohlich", erklärt Dirk Zimmer. Das könnten sich viele nicht so leicht eingestehen.

Andererseits war in der Regel nicht alles an der Beziehung schlecht. "Manche Paare erkennen die Begrenztheit ihrer Beziehung und gleichzeitig die Kostbarkeit der Gemeinsamkeiten", sagt Fengler. Auf Basis der "guten Schnittmenge" bauten sie dann eine neue Form der Partnerschaft auf. "Es gibt Paare, die verstehen sich besser, wenn sie getrennt sind, weil sie die Nähe einer Beziehung nicht ertragen können", berichtet Zimmer.

"Beziehung muss verarbeitet sein"

Denn ob aus der Liebe eine lebenslange Verbundenheit werden kann, hat weniger mit der Art der Trennung als mit der Art der Beziehung zu tun. "Partnerschaften, die sehr stark durch Leidenschaft geprägt waren, sind oft konfliktreicher. Da ist es dann auch schwieriger, eine neue Freundschaft aufzubauen", hat der Paartherapeut Oskar Holzberg aus Hamburg beobachtet. Aus Beziehungen, in denen schon immer der Freundschaftsaspekt stark ausgeprägt war, kann leichter eine lebenslange Verbindung entstehen – vorausgesetzt, die Trennung ist tatsächlich verarbeitet. Und das kann dauern.

"Man muss sich Zeit geben und vor allem ehrlich zu sich selbst sein", rät daher Holzberg. Wichtig sei es, dass die Beziehung auch innerlich verarbeitet und beendet ist. "Es muss einen Unterschied zwischen der Liebesbeziehung und der Freundschaft geben", sagt der Paartherapeut. Der Unterschied ist in der Regel der Sex. Wenn es zwischen den Partnern doch noch knistert, wird es schwieriger - vor allem dann, wenn bereits neue Partner da sind.

Der Tübinger Psychologe Zimmer ist überzeugt, dass Freundschaft zwischen Ex-Partnern nur dann funktionieren kann, wenn die Fronten geklärt sind und im besten Fall beide wieder neu verliebt sind. Fengler hingegen glaubt, dass es wesentlich einfacher ist, wenn beide noch Single sind. In dem Fall hält er dann auch den vielseits gefürchteten wie auch reizvollen "Sex mit dem Ex" für eine unproblematische Variante.

Vor allem aber verlangt die Freundschaft zum Ex oft eine ganze Menge von dem neuen Partner ab. Gemeinsame Erinnerungen, die plötzlich auf Partys aufgewärmt werden, sind selbst für wenig eifersüchtige Menschen eine nicht gerade beglückende Situation. "Für einen taktvollen Umgang mit dem neuen Partner sollte man zum Ex lieber etwas Abstand halten", rät Fengler.

Und trotzdem soll es sie geben, die lebenslange und ganz unproblematische Verbundenheiten, die aus der Liebe entstanden sind. "Vielleicht liegt es ganz einfach daran, dass der ersten Verliebtheit sehr schnell ein gutes Miteinander und Freundschaft gefolgt sind, so dass es nur ganz kurz eine Liebesbeziehung war", sagt der Hamburger Paartherapeut Holzberg. Die Beziehung war dann möglicherweise nur ein Ausrutscher.

(gms)
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