Was ist erlaubt, was verboten? Worauf Sie als Demo-Teilnehmer unbedingt achten sollten

Berlin · In Deutschland ist es ein im Grundgesetz verankertes Recht, durch die Straßen einer Stadt ziehen oder sich an einem Platz versammeln und protestieren zu dürfen. Doch es gibt Spielregeln – sowohl für Protestierende als auch für Polizisten.

Demonstranten in Erfurt (Archivfoto).

Demonstranten in Erfurt (Archivfoto).

Foto: dpa/Martin Schutt

Oft tragen Protestierende beschriftete Transparente vor sich her und tun lautstark ihre Meinung kund – immer begleitet von der Polizei. Wer sich an die Spielregeln hält, hat im Normalfall nichts zu befürchten. Doch welche Regeln gelten für Protestierende und die Polizei?

Worauf fußt die rechtliche Grundlage für eine Demo?

Nach Artikel 8 Absatz 1 des Grundgesetzes haben Deutsche das Recht, sich „friedlich und ohne Waffen zu versammeln“. Für Ausländerinnen und Ausländer gilt das auch, ihr Recht auf Versammlungsfreiheit beruht allerdings auf der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Meinungsfreiheit, die ebenfalls im Grundgesetz verankert sind. So hat jeder und jede in Deutschland einen Rechtsanspruch darauf, öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen.

Geregelt ist das im Versammlungsgesetz des Bundes und den entsprechenden Regelungen der Länder-Versammlungsgesetze. „Es wird hier also nicht zwischen Deutschen und Ausländern differenziert“, sagt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Muss eine Demonstration angemeldet werden?

„Versammlungen müssen lediglich angezeigt werden, sie brauchen aber keine Erlaubnis“, sagt Peer Stolle, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin. Das muss in der Regel spätestens 48 Stunden vor Beginn des Protests passieren. Anzumelden ist die Demo zumeist bei der Ordnungsbehörde oder Versammlungsbehörde, „ein Anruf dort kann ausreichen“, so Stolle.

Folgende Daten sind bei der Anzeige mitzuliefern: Wer demonstriert? Was ist das Motto? Wie ist die Person, die die Versammlung leitet, zu erreichen? Danach kann die zuständige Behörde Vorkehrungen treffen, um die Versammlung zu schützen. Mitunter erfolgt die Genehmigung der Veranstaltung mit Auflagen, um ein friedliches Miteinander sicherzustellen. Die Anmeldepflicht entfällt lediglich bei sogenannten Spontanversammlungen.

Apropos Versammlungsleitung: Jede angemeldete Demo muss eine Leiterin oder einen Leiter haben. Diese Person ist unter anderem verpflichtet, für Ordnung zu sorgen und im Blick zu haben, dass alle Protestierenden die gesetzlichen Regeln einhalten. Gibt er oder sie Anweisungen, müssen Demo-Teilnehmende diese befolgen. Oft stehen der Leiterin oder dem Leiter Ordner zur Seite.

Was müssen Teilnehmer beim Demonstrieren beachten?

Sie müssen sich an das sogenannte Friedlichkeitsgebot halten. Das besagt, dass Versammlungen „friedlich und ohne Waffen“ vonstattengehen müssen. Halten sich Demonstrierende nicht an Recht und Gesetz, müssen sie damit rechnen, dass Ordnungsbehörden eingreifen.

Doch nicht jede Straftat mache eine Versammlung unfriedlich, sagt Rechtsanwalt Stolle. Das ist erst der Fall, wenn die Versammlung insgesamt einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt. Eine Versammlung gilt als unfriedlich, wenn es in ihrem Verlauf zu erheblicher körperlicher Gewalt gegen Personen oder Sachen kommt oder erhebliche Gewalt gegen Personen oder Sachen angestrebt wird. „Verhält sich ein Teil der Teilnehmenden unfriedlich, nimmt dies den friedlichen Teilnehmenden nicht ihr Recht auf eine Demo“, so Stolle.

„Idealerweise arbeiten Versammlungsleitung und Versammlungsbehörde zusammen, um einen störungsfreien Ablauf der Versammlung oder des Aufzugs zu gewährleisten“, sagt der Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Was sollten Demonstranten besser nicht tun?

In der Wahl der Mittel und Ausdrucksform ihrer Meinungskundgabe seien Protestierende grundsätzlich frei, sagt Peer Stolle - zumindest solange sie sich an das Friedlichkeitsgebot halten.

In einigen Bundesländern ist es zudem verboten, sich zu vermummen, also das Gesicht durch Masken, Schals oder ähnliche Gegenstände zu verdecken. Dieses Verbot soll sicherstellen, dass Ordnungshüter die Identität eines Demonstranten feststellen können, wenn es etwa zu straf- oder ordnungsrechtlich relevanten Handlungen kommt.

Trifft die Polizei Anweisungen oder Maßnahmen, um Gefahren abzuwehren oder zu verhüten, sollten sich Demonstrierende diesen nicht widersetzen.

Ist es erlaubt, dass Demonstranten Abwehrsprays mit sich führen?

Gegenstände, die als eine Art Schutzwaffe geeignet sind, dürfen Demonstrierende nicht mit sich führen. Das ist in den Versammlungsgesetzen des Bundes und der Länder geregelt. Abwehrsprays, wie etwa Pfeffersprays, können nach Angaben des Sprechers des Bundesinnenministeriums unter den Begriff der Schutzwaffe fallen.

Mit welchen Strafen müssen Demonstranten bei Verstößen rechnen?

Wer gegen ein geltendes Vermummungsverbot verstößt, kann sich strafbar machen und muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe rechnen. Eine solche Strafe droht auch jenen, die bei Versammlungen oder Aufzügen Waffen mit sich führen. Darüber hinaus gelten weitere Straf- und Bußgeldvorschriften für tätliche Übergriffe, Sachbeschädigungen und sonstige relevante Handlungen.

Welche Rechte und Pflichten hat die Polizei?

„Die Polizei ist angehalten, sich zurückzuhalten und die Durchführung von Versammlungen zu ermöglichen. Sie ist zur politischen Neutralität verpflichtet“, sagt Peer Stolle. Gibt es Hinweise auf Straftaten, darf die Polizei Verdächtige festnehmen. „Sie ist nur in unmittelbaren Gefahrensituationen berechtigt, Auflagen zu erlassen oder die Routen von Aufzügen zu ändern“, so der Rechtsanwalt.

Eine Versammlung oder einen Aufzug kurzfristig auflösen und verbieten darf die Polizei nur, wenn schwerwiegende Gefahren für die öffentliche Sicherheit drohen.

(felt/glaw/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort