Klöckner, Quelle und Hertie DDR-Häftlinge fordern Entschädigung für Zwangsarbeit

München/Berlin · Der Stasi-Bundesbeauftragte Roland Jahn hat von deutschen Firmen Aufklärung darüber verlangt, ob sie vor 1989 von DDR-Häftlingsarbeit profitiert haben. "Ich würde es begrüßen, wenn westliche und vor allem bundesdeutsche Unternehmen, die in der DDR produzieren ließen, für Transparenz sorgen würden", sagte Jahn.

Seine Behörde stehe für Recherchen zur Verfügung, sagte er dem Magazin "Focus". Der Vorsitzende der Vereinigung der Opfer des Stalinismus, Hugo Diederich, forderte im "Focus" eine Entschädigung. "Wenn die Firmen nicht mehr existieren, muss eben der Staat nach Möglichkeiten für eine Entschädigung suchen." Er habe sich mit diesem Anliegen an Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
gewandt. Diederich erklärte, dass er als DDR-Häftling von 1986 bis 1987 im sächsischen Stahlwerk Gröditz an der Herstellung von Röhren für den bundesdeutschen Stahlkonzern Klöckner beteiligt war.

Bisher zeigt sich kein deutsches Unternehmen zu Entschädigungen bereit. Ein Sprecher von Klöckner & Co bestätigte "Focus" intensive Geschäftskontakte der damaligen Klöckner-Gruppe zur DDR. Nach mehreren Eigentümerwechseln sei das heutige Unternehmen aber kein Rechtsnachfolger. "Folglich sieht sich die heutige Klöckner & Co. nicht in der Verantwortung."

Karstadt lehnt Verantwortung ab

Auch Karstadt lehnte auf "Focus"-Anfrage eine Verantwortung ab. "Die Karstadt Warenhaus GmbH ist nicht Rechtsnachfolger von Quelle oder Hertie und hat gegenwärtig keine Kenntnis von Verbindungen der beiden Unternehmen zu Zwangsarbeit politischer Gefangener der ehemaligen DDR", teilte das Unternehmen mit. Nach Aussagen ehemaliger politischer DDR-Häftlinge hatten Insassen des Frauengefängnisses Hoheneck Bettwäsche für den Quelle-Versand nähen müssen.

"Unsere Produkte sind definitiv nicht unter Zwangsarbeit in der DDR produziert worden", sagte Michael Huggle, von 1975 bis 1996 Vorstand bei Schiesser, dem "Tagesspiegel". "Aktuell haben wir keine Kenntnis von solchen Vorgängen", teilte der Versandhändler Neckermann dem Blatt mit. Das Unternehmen bestätigte aber, es habe zu DDR-Zeiten Waren "wie Spielzeug, Möbel und Textilien von Lieferanten aus der DDR bezogen".

Der Kosmetikhersteller Beiersdorf hat nach eigenen Angaben ebenfalls keine Kenntnisse zur Zwangsarbeit von politischen Häftlingen, will "diesen Themenkomplex aber weiter untersuchen". Eine Sprecherin des Schuhherstellers Salamander sagte: "Wir sehen im Moment keinen Anlass, in diese Nachforschungen mehr Energie hineinzustecken." Auch der Stahlkonzern Thyssen-Krupp weist Vermutungen, sein Vorgängerunternehmen Thyssen habe Waren aus Haftzwangsarbeit bezogen, dem "Tagesspiegel"-Bericht zufolge zurück.

(dpa)
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