Urteil Daschner zu Geldstrafe verurteilt

Frankfurt/Main (rpo). Im Prozess um die Gewaltdrohung der Frankfurter Polizei gegen den Entführer des Bankierssohns Jakob von Metzler sind die beiden Angeklagten Wolfgang Daschner und Ortwin E. am Montag zu Geldstrafen verurteilt worden.

Das Frankfurter Landgericht verhängte am Montag gegen Daschner nur eine "Verwarnung mit Strafvorbehalt". Damit gilt Wolfgang Daschner als nicht bestraft, wie die Vorsitzende Richterin Bärbel Stock erklärte. Alle Prozessbeteiligten nahmen das Urteil an.

Der Polizeivizepräsident hatte den mitangeklagten und jetzt auch mitverurteilten Beamten Ortwin Ennigkeit am 1. Oktober 2002 angewiesen, dem nach der Lösegeldübergabe festgenommenen Jurastudenten Gäfgen Schmerzen anzudrohen, wenn er nicht sagen würde, wo er den elfjährigen Jakob von Metzler versteckt hielt. Für dieses Vorgehen gab es nach Feststellung des Gerichts keine Rechtsgrundlage. Außerdem seien die kriminalistischen Aufklärungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft gewesen.

Die Argumente Daschners, dass ein übergesetzlicher Notstand vorgelegen habe und zur Rettung des Opfers legaler polizeilicher Zwang habe angewandt werden dürfen, wies das Gericht als unzutreffend zurück. Der Entführungsfall habe sich nicht von anderen abgehoben, sagte Stock. Es habe keinen Anlass gegeben, von den Grundsätzen der Verfassung abzuweichen. Der Grundsatz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" stehe ganz bewusst am Anfang des Grundgesetzes, sagte Stock. Die Angeklagten seien auch unter dem Gesichtspunkt "Wehret den Anfängen" zu verurteilen.

Tatbestand der Nötigung

Das Gericht sah zwar den Tatbestand der schweren Nötigung beziehungsweise Anstiftung dazu als erwiesen an, weil beide Angeklagten ihre Befugnisse und Stellung als Amtsträger missbraucht hätten. Aber es billigte ihnen "derart massive Milderungsumstände" zu, dass von dem Regelstrafrahmen von fünf Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe abgewichen werden konnte.

Die Schwurgerichtskammer hielt beiden Beamten zugute, dass es ihnen ausschließlich um die Rettung des Lebens von Jakob gegangen sei. Daschner habe "ungewohnt und überraschend" die Last der Verantwortung als amtierender Polizeichef getragen und unter hohem Erfolgsdruck gestanden. Erheblich mildernd falle ins Gewicht, dass Gäfgen durch sein provokatives und skrupelloses Verhalten die Nerven der Vernehmungsbeamten aufs Äußerste strapaziert habe. Er habe bei der Vernehmung den Eindruck vermittelt, dass er mit Verzögerungstaktik den Tod des Kindes herbeiführen wollte.

Daschner habe außerdem seine Anordnung nicht verdecken wollen, das sei eine "ehrenwerte, verantwortungsvolle Gesinnung". Die Richterin zollte ihm dafür ausdrücklich "Respekt". Belastend für Daschner seien die "Prangerwirkung" durch die Medienberichterstattung, die lange Dauer seines Verfahrens und besonders auch die Konfrontation mit dem verurteilten Mörder Gäfgen.

Bewährungszeit von einem Jahr

Daschner würde nach dem Urteil zu 10.800 Euro Geldstrafe und Ennigkeit zu 3.600 Euro verurteilt, wenn sie in der Bewährungszeit von einem Jahr erneut straffällig würden. Auch die Staatsanwaltschaft hatte eine Verwarnung unter Strafvorbehalt, aber für Daschner eine "vorbehaltene" Geldstrafe von 27.000 Euro und von 14.400 Euro für Ennigkeit beantragt. Die Verteidiger hatten Freispruch gefordert.

Nach dem Urteil wollen Daschners Vorgesetzte auch das noch laufende Disziplinarverfahren beenden. Das beamtenrechtliche Verfahren gegen Daschner und Ennigkeit werde zügig zum Abschluss gebracht, sagte der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) am Montag in Wiesbaden.

"Ich werde mich in Kürze mit den beiden Beamten zusammensetzen, um gemeinsam mit ihnen darüber zu sprechen, an welchen Stellen sie angemessen eingesetzt werden können", sagte Bouffier.

(afp)
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