Historisches Stadtarchiv in Köln stürzt ein "Das war wie in einem Hollywood-Film"

Köln (RPO). "Ich habe einen Riesenknall gehört und dann plötzlich diese riesige graue Staubwolke gesehen", sagte der 18-Jährige Mustafa Göresme. "Es war furchtbar". Er hatte sich gerade mit einem Freund in einem Imbiss etwas zu essen bestellt, als gegen 14 Uhr plötzlich das nahe Kölner Stadtarchiv in sich zusammenfiel.

Historisches Stadtarchiv in Köln - Bilder vom Einsturz 2009
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Das Historische Stadtarchiv in Köln ist eingestürzt

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Foto: AP

"Das war wie in einem Hollywood-Film", sagte Mustafa. Eltern hätten ihre Kinder gepackt und seien in ihre Autos gestürzt. "Alle waren richtig panisch", sagte sein Freund Mehmet Gürner. "Wir wussten ja nicht, was passiert ist."

Beim Anblick des Unglücksortes zeigt sich das Ausmaß der Katastrophe: Zwischen den Häusern in der Straße klafft jetzt eine breite Lücke. Wo zuvor noch das Historische Stadtarchiv stand, ragt nun nur noch ein meterhoher Trümmerhaufen in die Luft. Das Gebäude stürzte plötzlich ein, Bedienstete und Nutzer konnten es gerade noch rechtzeitig verlassen. Neun Menschen wurden am Nachmittag jedoch noch vermisst - die Einsatzkräfte suchten mit Spürhunden nach ihnen.

"Am Unglückshaus sieht es aus wie nach einem Erdbeben", beschrieb Polizeisprecher Wolfgang Baldes den Anblick des eingestürzten Archivs. Die Trümmer bedeckten nach seinen Worten eine Fläche von 50 mal 70 Metern und reichten bis zu einem benachbarten Gymnasium, in dem jedoch zum Zeitpunkt des Unglücks kein Unterricht mehr stattfand. Die Einsatzkräft sperrten die Umgebung weiträumig ab.

Auch die beiden Nachbarhäuser waren stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Front der Gebäude war eingestürzt und gab den Blick auf Wohnungen, in Fetzen hinabhängende Tapeten und Kühlschränke frei. An einem der Häuser ließen nur ein blauer Teppich und ein halb aus den Überresten ragendes weißes Waschbecken erkennen, dass es sich einmal um ein mehrstöckiges Wohnhaus handelte.

"Meinem Sohn geht es Gott sei dank gut"

Schockiert zeigte sich ein älterer Mann, der den Einsturz aus der Nähe mitbekommen hatte. Er sei zufällig auf der Straße gewesen und vor den herunterstürzenden Trümmern geflohen. "Ich hab gerade einen Anruf bekommen, meinem Sohn geht es Gott sei Dank gut", erzählte er. "Jetzt muss ich ihn in dem Chaos nur noch finden", fügte er hinzu und ging zielstrebig auf die zahlreichen Polizisten und Feuerwehrleute zu.

Der zwei Häuser neben dem Unglücksort lebende Florian Hacke berichtete, gegen 14 Uhr sei plötzlich ein Knarren und Poltern zu hören gewesen. Dann hätten sich Risse in der Zimmerdecke aufgetan, und er sei so schnell wie möglich aus dem Haus gerannt. Ob weitere Häuser in der Nachbarschaft einsturzgefährdet sind, war nach der Katastrophe unklar.

Das Historische Archiv der Stadt Köln war eines der größten kommunalen Archive Europas und enthielt nach Angaben von der Webseite unter anderem 65.000 Urkunden, 104.000 Karten und Pläne und 50.000 Plakate sowie 500.000 Fotos zu Kölner Ereignissen. Zum Unglückszeitpunkt war es für den Publikumsverkehr geöffnet. Den Zweiten Weltkrieg hatten die damals ausgelagerten Archivbestände noch ohne Verluste überstanden.

Nicht weit vom Unglücksort entfernt war 2004 der Turm der katholischen Kirche St. Johann Baptist wegen U-Bahn-Bauarbeiten um einen Meter zur Seite gekippt. Wegen Einsturzgefahr mussten damals etwa 70 Anwohner ihre Wohnungen vorübergehend verlassen.

(AP)
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