Experte von der Berliner Charité Virologe rechnet mit hoher Infiziertenzahl bei Coronavirus

Berlin · In Deutschland sind nach Ansicht eines Experten hohe Infektionszahlen mit dem neuen Coronavirus zu erwarten. Im Moment sei das Risiko, bei einem Kratzen im Hals eine Covid-19-Erkrankung zu haben, in Deutschland jedoch „unglaublich klein“.

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin.

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin.

Foto: dpa/Christophe Gateau

„Es werden sich wahrscheinlich 60 bis 70 Prozent infizieren, aber wir wissen nicht, in welcher Zeit“, sagte der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité am Freitag. „Das kann durchaus zwei Jahre dauern oder sogar noch länger.“ Problematisch werde das Infektionsgeschehen nur, wenn es in komprimierter, kurzer Zeit auftrete. „Darum sind die Behörden dabei, alles zu tun, um beginnende Ausbrüche zu erkennen und zu verlangsamen.“

Zahlen aus China deuten laut Drosten darauf hin, dass es so kommen könnte wie bei den großen Grippe-Pandemien 1957 und 1968. „Das es so wird wie die Spanische Grippe 1918, glaube ich nicht.“ Das Muster mit einem Rückgang der Zahlen im Sommer und einem Wiederauftreten danach könne aber ähnlich sein.

Deutschland sei hervorragend auf die Lungenkrankheit Covid-19 vorbereitet. „Wenn das ganze Pandemiegeschehen, bevor das Virus zu einem landläufigen Erkältungsvirus wird und nicht mehr weiter auffällt, sich so in zwei Jahren abspielt, da können wir damit umgehen“, sagte Drosten. „Wenn es ein Jahr ist, wird es deutlich schwerer, weil wir dann in derselben Zeit deutlich mehr Fälle haben.“ Er mahnte dennoch: Die benötigte Zahl der Therapiebetten auf den Intensivstationen könne man schwer vorhersagen, aber, „wenn wir jetzt nichts tun, dann werden die vielleicht nicht ausreichen“.

Das Virus vermehre sich im Rachen. Während ein Infizierter spreche oder huste, gebe er Tröpfchen von sich. „Die fliegen vielleicht so 1,5 Meter weit und fallen relativ schnell zu Boden. Es ist das Einatmen einer solchen Wolke, die einen infiziert in den meisten Fällen.“ Im Moment sei das Risiko, bei einem Kratzen im Hals eine Covid-19-Erkrankung zu haben, in Deutschland „unglaublich klein“.

„Ich glaube, dass wir das Virus hier bei uns auf sehr, sehr kleiner Flamme halten können, vielleicht sogar auf so kleiner Flamme, dass wir das kaum noch bemerken im Alltag“, so Drosten. „Das heißt aber deswegen nicht, dass es weg ist.“ Man müsse dann weiterhin gezielt danach suchen.

(ala/dpa)
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