Corona-Gipfel in Berlin Bund und Länder starten die Lockerungen

BERLIN · Bund und Länder haben sich am Abend auf Lockerungen der Maßnahmen geeinigt. Flankiert werden die Öffnungsschritte durch mehr Anstrengungen beim Impfen und eine massive Ausweitung der Testungen.

 Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), zu Beginn der Videokonferenz mit den Ministerpräsidenten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), zu Beginn der Videokonferenz mit den Ministerpräsidenten.

Foto: dpa/Guido Bergmann

Bund und Länder haben am Mittwochabend stundenlang um eine Öffnungsstrategie bei den Corona-Schutzmaßnahmen gerungen. Die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigten sich trotz wieder steigender Infektionszahlen zu Lockerungen bereit. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sprach anschließend von einem Perspektivwechsel.

Dieser soll ermöglicht werden, indem deutlich mehr Tempo beim Impfen gemacht wird. Der Abstand zwischen der ersten und zweiten Impfung mit den Vakzinen von Biontech/Pfizer und Astrazeneca soll maximal ausgenutzt werden. Merkel zeigte sich zudem zuversichtlich, dass die Ständige Impfkommission Astrazeneca auch für die Altersgruppe über 65 zulassen werde. Sollten Impftermine verfallen, soll der Impfstoff flexibel verimpft werden. In den Impfzentren könne jederzeit auf ein Mehrschichtsystem umgestellt werden – mit Impfungen an sieben Tagen in der Woche. Spätestens Anfang April sollen auch die Hausarztpraxen mit Impfstoff beliefert werden. „Da wird sehr schnell der Impfstoff zu den Menschen gebracht“, sagte Laschet.

Überdies soll systematischer getestet werden. Ab dem 8. März übernimmt der Bund die Kosten, damit sich alle Bürger einmal pro Woche in einem Testzentrum in ihrer Kommune testen lassen können. Der Ministerpräsident ließ allerdings offen, ob NRW dann schon mit der praktischen Umsetzung starten werde. Ein festes Datum sei nicht vorgegeben worden. Laschet sagte allerdings auch: „Ein Schnelltest muss eine Selbstverständlichkeit werden“, so Laschet.

Hinzu kommen Testungen in Schulen und Kitas. Für die Bereitstellung der dafür nötigen Tests werde eine Taskforce gebildet. Plattformanbieter sollen die gesammelte Bestellungen durchführen, sagte Merkel.

Für die Testung von Arbeitnehmern durch die Unternehmen gab es noch kein Ergebnis. Dazu soll es am Freitag erneut Gespräche mit Wirtschaftsvertretern geben. „Wir setzen auf eine Selbstverpflichtung der Unternehmen“, sagte Laschet. Bis Montag wollen sich die Länder zudem auf den Einsatz einer App zur Kontaktnachverfolgung einigen, mit dem sich die Bürger beispielsweise in Geschäften oder der Gastronomie registrieren können. Das soll die Nachverfolgbarkeit bei einem Corona-Ausbruch für die Gesundheitsämter erleichtern. 

Ab dem 8. März werden zunächst Blumengeschäfte, Buchhandel und Gartenmärkte öffnen. Auch die körpernahen Dienstleistungsbetriebe sowie Fahr- und Flugschulen sind mit entsprechenden Hygienekonzepten wieder möglich.

Für den Handel werden ab dem 22. März neue Schwellenwerte wichtig: eine Inzidenz zwischen 50 und 100 Neuinfizierte je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche, und eine Inzidenz unter 50. Geschäfte dürften bei Werten von unter 50 wieder öffnen; bei mehr als 50, aber weniger als 100 könne mit dem System "Click-and-Meet" eingekauft werden. Da NRW bei der Sieben-Tage-Inzidenz stabil unter der Marke von 100 liege, sei hier auch die Terminverabredung im Handel möglich, sagte Laschet. Sport in Gruppen mit bis zu 20 Kindern wird zudem im Außenbereich wieder möglich sein.

 Bleibe die Inzidenz über 14 Tage stabil unter 50, könne auch die Außengastronomie wieder öffnen, sagte Merkel in der Abschluss-Pressekonferenz. Laschet nannte noch den Einzelhandel ohne das System „Click and meet“, den Besuch von Museen, Galerien und botanischen Gärten ohne Terminbuchung sowie Sport in kleinen Gruppen.

Bei einer Inzidenz von mehr als 100 über drei Tage in Folge muss wieder geschlossen werden (“Notbremse“). „Dann können Regeln auch wieder zurückgenommen werden. Damit haben wir die Möglichkeit, vorsichtig zu bleiben in diesem wichtigen Moment der Pandemiebekämpfung“, sagte Laschet. Merkel zufolge sollten dann wieder die Regeln gelten, die im Augenblick angewandt werden.

Der Lockdown soll zwar grundsätzlich bis zum 28. März verlängert werden, bereits ab kommender Woche soll es aber kleinere Lockerungen bei den Kontakten geben. So sollen ab dann wieder Treffen des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt möglich sein – beschränkt auf fünf Teilnehmer, Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt. In Regionen mit einer Inzidenz unter 35 dürfen sich sogar drei Haushalte mit zehn Personen – Kinder nicht eingerechnet – treffen.

Bund und Länder einigten sich nach Angaben von Laschet auf einen 1,5 Milliarden Euro schweren Härtefallfonds für all jene, „die durch alle Regeln durchgefallen sind und trotzdem Hilfe brauchen“. Bund Länder würden sich sich die Kosten teilen.

„Wir haben harte Wochen hinter uns. Wir standen rund um Weihnachten an der Grenze der Belastbarkeit des Gesundheitswesens“, sagte der Ministerpräsident. Durch das Engagement der Menschen und harte Maßnahmen sei man aber gut durch den kritischen Moment gekommen „Und deshalb gibt es jetzt klare Perspektiven für die kommenden Wochen. Wir müssen vorsichtig bleiben, aber wir müssen auch lernen, mit dem Virus zu leben.“

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