Geborene Schwedin holt Titel für Deutschland Camilla Kättström - die Weltmeisterin im Armdrücken

Hanau · Camilla Kättström hat nicht nur mit ihren Gegnerinnen zu kämpfen - auch mit so manchem Klischee. Die 42-Jährige ist mehrfache Weltmeisterin im Armwrestling. Sie ist die einzige aktuelle Titelträgerin aus Deutschland in der populärsten Form des Armdrückens.

Frauen-Power - Camilla Kättström holt den WM-Titel im Armdrücken für Deutschland
7 Bilder

Frauen-Power - Camilla Kättström holt den WM-Titel im Armdrücken für Deutschland

7 Bilder

"Wer mich nicht kennt und dann trifft, der sagt: "Ach schön, Du siehst ja gar nicht aus wie eine gedopte, russische Kugelstoßerin"", erzählt Kättström beim Training im hessischen Hanau. Armwrestling ist durch den Film "Over the Top" mit Sylvester Stallone in der Hauptrolle bekanntgeworden. "Das ist für uns schon ein Kultfilm", sagt Kättström. Und wie im Film geht es auch bei Wettkämpfen zur Sache. Die Duellanten stehen sich an einem Tisch zum Armdrücken gegenüber. "Das alles hat aber nichts mit einer Kneipendisziplin zu tun. Es gibt feste Regeln", betont sie.

Kättström hat es zu beachtlichen Erfolgen gebracht. Bei der WM im September in Polen gewann sie Gold mit dem rechten Arm und Silber mit links. 2012 wurde sie in Brasilien Doppelweltmeisterin. Bei Welttitelkämpfen gewann sie bereits zehnmal Edelmetall. Einige Medaillen holte sie auch bei Europameisterschaften. Wie viele es genau sind? Da habe sie den Überblick verloren, sagt sie.

"Arm wie ein Schraubstock"

Gegen Kättström anzutreten, ist für die Gegnerinnen kein Vergnügen. "Sie hat einen Arm wie ein Schraubstock und zieht wie ein Bulldozer", sagt Danny Hagel anerkennend. Die WM-Dritte ist Kättströms Trainingspartnerin im Armwrestling-Club "Over the Top" Hanau, einem der erfolgreichsten Vereine Deutschlands.

"Ich habe halt die Voraussetzungen", sagt Kättström dazu. "Ich bin groß und stark und bringe die Leidenschaft und den Willen mit." Sie misst 1,80 Meter und startet in der Klasse bis 80 Kilogramm. Ihr Bizeps-Umfang rechts beträgt stattliche 35,5 Zentimeter, am Unterarm 31 Zentimeter. Wenn sie die Muskeln anspannt, schwillt ihr Tattoo auf dem Arm an. Damit zeigt die Welt- und Europameisterin jeder Gegnerin buchstäblich, mit wem sie sich hier gerade anlegt.

Sie hätte sich auch "Bonebreaker" (Knochenbrecher) stechen lassen können, das ist ihr Kampfname. 1995 bei der EM brach sich eine Gegnerin den Arm beim Versuch, sie zu bezwingen. "Das hatte aber wohl nichts mit roher Gewalt zu tun. Sie war bestimmt vorgeschädigt und hat sich eine Stressfraktur zugezogen", relativiert Kättström.

Stress bereitet dem Weltverband das Thema Doping - ein großes Problem in dieser kraftdominierten Sportart. "Wir arbeiten daran. Aber Überwachung und Tests kosten Geld. Es ist schwierig, alles sauber zu halten. Bei der vorigen EM hatten wir zwölf positive Dopingtests", sagt Kättström, die auch als Kampfrichterin arbeitet.

Wenn sie aber nichts schiedst, sondern drückt, kommt es in ihrem Sport vor allem auf drei Faktoren an: Kraft, Schnelligkeit und Technik. Die Technik ist wichtig, um im Rahmen der Regeln einen guten Griff an des Gegners Hand anzuwenden. Es gibt da ein paar Varianten.

Nicht zu vernachlässigen, ist aber auch die Psychologie: "Man muss selbstsicher sein. Wer zweifelt, hat schon verloren." Um sich zu pushen, versucht sie, Aggressionen aufzubauen: "Ich muss einfach stinksauer sein", sagt sie mit ihrem skandinavischen Akzent. Sie ist in Schweden geboren, hat aber ein Startrecht für Deutschland. Wegen eines Jobs als Pferdepflegerin kam sie hierhin. Mittlerweile arbeitet sie beim schwedischen Möbelhaus Ikea.

Um ihrem athletischen Aussehen mehr Weiblichkeit zu verleihen, trägt sie für eine Sportlerin, die mit den Händen kämpft, auffällig lange und manikürte Fingernägel. "Solange ich niemanden verletze, ist das erlaubt. Sie sind ja auch nicht scharf, sondern schön."

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort