"Heimattreue Deutsche Jugend" Bundesweite Razzia gegen Neonazi-Verband

Frankfurt/Main (RPO). Das Bundesinnenministerium ist am Donnerstag mit einer bundesweiten Razzia gegen den als neonazistisch eingestuften Verband "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ) vorgegangen.

Was ist die "Heimattreue Deutsche Jugend"
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Foto: ddp

Die mit unpolitischen Freizeitaktivitäten werbende Organisation versuche, Kinder und Jugendliche mit rechtsextremen Gedankengut vertraut zu machen, erklärte das Ministerium. Folge könnte ein Verbot der HDJ sein. Politiker aus SPD, FDP und der Linken erklärten, dies sei angesichts der Verfassungsfeindlichkeit der HDJ längst überfällig.

Auch das Ministerium sieht Anhaltspunkte, dass sich die HDJ gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet. Der Verein stehe bereits seit geraumer Zeit im Fokus der Ermittlungsbehörden. Am Donnerstag gab es den Angaben zufolge ab 06.00 Uhr morgens in 14 Bundesländern Durchsuchungen und Beschlagnahmungen bei bis zu 100 Personen. Festnahmen waren aber nicht geplant.

Die bei der Razzia beschlagnahmten Materialien und Datenträger sollen Klarheit darüber verschaffen, ob die Voraussetzungen für ein Vereinsverbot vorliegen. Ein solches ist nach Artikel 9 des Grundgesetzes möglich, wenn der Zweck oder die Tätigkeit eines Vereins den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten.

Mehrere hundert Mitglieder

Laut Bundesinnenministerium hat der Verein mehrere hundert Mitglieder und wurde 1990 gegründet, seit 2001 nennt er sich "Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) - Bund zum Schutz für Umwelt, Mitwelt und Heimat e.V.". Sitz ist Plön bei Kiel. Die Bundesführung sei derzeit in Berlin ansässig, regionale Schwerpunkte seien Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern.

Kontakte bestünden unter anderem zu NPD-Protagonisten und zu führenden Angehörigen der neonazistischen Kameradschaftsszene. Die Organisation befinde sich in geistiger Nähe zum Nationalsozialismus, die NS-Diktatur werde verherrlicht. In ihren Publikationen zeige sich eine antisemitische sowie rassistische Grundhaltung. Der Verein betreibe "unter der Vorspiegelung einer jugendpflegerischen Tätigkeit" eine "gezielte Ideologisierung ihrer Mitglieder", erklärte das Ministerium. An den angebotenen Zeltlagern und Ausflügen nähmen ganze Familien teil.

Experten und Politiker fordern schon länger ein Verbot der HDJ. Vielen von ihnen gilt der Verein als Ersatzorganisation der 1994 verbotenen Wiking-Jugend. Das Bundesinnenministerium erklärte dagegen, dafür gebe es bislang keinen Hinweis.

Ministerium verteidigt sich gegen Vorwürfe

Auch verteidigte sich das Ministerium gegen Vorwürfe, in dem Fall zögerlich vorgegangen zu sein. Erst im August hatte die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern ein HDJ-Zeltlager mit knapp 40 Jugendlichen in Uniformen aufgelöst. Die Ermittler fanden Handtücher mit Hakenkreuzen und alte Landkarten, auf denen die Kinder das Memelland oder die Nordmark einzeichnen sollten. Die Teilnehmer kamen aus dem ganzen Bundesgebiet.

Die Sachlage werde sorgfältig geprüft, erklärte Innenstaatssekretär August Hanning: "Wir müssen vor allem wachsam sein gegenüber allen Bestrebungen, die Kinder und Jugendliche unter dem Deckmantel scheinbar unpolitischer Freizeitangebote anlocken, um sie dann mit nationalsozialistischem Gedankengut in die Irre zu führen. Dem gilt es entgegenzuwirken."

Seit 1990 verbot das Ministerium acht Vereine, zuletzt sprach es im Mai zwei Verbote aus, betroffen waren ebenfalls rechtsextreme Vereine. Ein solches Verbot führt zur Auflösung des Vereins, das Vermögen wird beschlagnahmt. Danach machen sich Personen strafbar, die sich weiter als Vereinsmitglieder betätigen.

(ap)
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