Urteil des Bundesverfassungsgerichts Gottesdienste dürfen prinzipiell nicht verboten werden

Karlsruhe · Das Bundesverfassungsgericht hat ein prinzipielles Verbot von Gottesdiensten in Kirchen, Moscheen und Synagogen untersagt. Glaubensgemeinschaften müssen das Recht haben, in Ausnahmefällen Anträge auf Zulassung von Gottesdiensten zu stellen.

 Richter am Bundesverfassungsgericht (Symbolbild).

Richter am Bundesverfassungsgericht (Symbolbild).

Foto: dpa/Uli Deck

Gottesdienste im Einzelfall und auf Antrag dürfen nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht pauschal verboten werden. Die 2. Kammer des Ersten Senats entschied am Mittwochabend (Az.: 1 BvQ 44/20), dass gut begründete Ausnahmen im Sinne der Glaubensfreiheit möglich sein sollten, wenn dabei Schutzkonzepte eingehalten würden. Mit Blick auf die Glaubensfreiheit sei es kaum vertretbar, dass die Corona-Verordnung keine Möglichkeit für eine "ausnahmsweise Zulassung solcher Gottesdienste in Einzelfällen" eröffne.

Den Antrag hatte ein Verein mit rund 1300 Mitgliedern gestellt, der im Ramadan das Freitagsgebet in der Moschee abhalten wollte. Er hatte zunächst beim Oberverwaltungsgericht Niedersachsen gegen die Corona-Verordnung des Landes Klage eingelegt, die abgelehnt wurde. Der Antragsteller argumentierte, bei den Freitagsgebeten könnten die gleichen Schutzmaßnahmen eingehalten werden, die für Geschäfte gelten und hat Vorkehrungen wie Masken, markierte Plätze und einen Sicherheitsabstand angeboten.

Die Richter erklärten, die Gefährdungslage bei Einkäufen und Gottesdiensten könne unterschiedlich bewertet werden. Allerdings hänge das Infektionsrisiko bei Gottesdiensten stärker von den Umständen im Einzelfall ab, als das bei Einkäufen der Fall sei. Es sei daher nicht erkennbar, dass eine einzelfallbezogene positive Einschätzung in keinem Fall erfolgen könne.

Gottesdienstverbote stellten einen "schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit" dar, so die Richter. Wenn eine "relevante Erhöhung der Infektionsgefahr zuverlässig verneint" werden könne, sollten daher Ausnahmen von dem Verbot möglich sein. Für die Risikoeinschätzung sei die Dimension des Eingriffs in die Glaubensfreiheit entscheidend. Im Fall der Freitagsgebete während des Ramadan (bis 23. Mai) stufen die Richter den Eingriff in die Glaubensfreiheit als groß ein.

(felt/kna)
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