Randale am ersten Mai Bündnis-Demo gegen Neonazi-Aufmarsch

Berlin (RPO). Größtenteils friedlich laufen derzeit die Kundgebungen und Demonstrationen zum 1. Mai. In Hamburg und Berlin ist es jedoch in der Nacht zu Ausschreitungen gekommen. Im Hamburger Schanzenviertel zündeten laut Polizei bis zu 200 Personen Feuer an, schleuderten Flaschen und warfen Müll auf die Straße. Heute werden weitere Ausschreitungen befürchtet.

Randalen zum 1. Mai
14 Bilder

Randalen zum 1. Mai

14 Bilder

In Berlin wird die Polizei wieder mehrere Demonstrationen mit einem Großaufgebot von mehreren Tausend Beamten begleiten. Gegen den Aufmarsch der Rechtsextremen mobilisiert ein breites Bündnis. Am Samstagmorgen haben nach Veranstalterangaben 2000 bis 3000 Menschen am S-Bahnhof Bornholmer Straße in Prenzlauer Berg protestiert. Die Polizei, die mit einem starken Aufgebot angerückt war, sprach dagegen von mehreren Hundert Teilnehmern. Erwartet wurden 10.000.

Ein Sprecher des Bündnisses "1. Mai - Nazifrei!" sagte der Nachrichtenagentur ddp, es seien zwei sogenannte Blockadepunkte eingerichtet worden. Eine Blockade sei von der Polizei aufgelöst worden, Augenzeugenberichten zufolge trugen Beamte die Protestierer von der Straße. Unter den Protestierern waren auch ältere Leute und Familien, die ein Picknick auf der Straße veranstalteten. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) war ebenfalls vor Ort. Bereits am Donnerstagabend hatte es eine Demonstration von rund 800 Menschen gegen einen Neonazi-Treffpunkt im Stadtteil Schöneweide gegeben. Diese verlief friedlich.

Demos in Berlin-Kreuzberg

In Kreuzberg sind zwei größere linke Demonstrationen angemeldet. Für den Abend des 1. Mai ist in Kreuzberg die traditionelle Revolutionäre-1.Mai-Demonstration geplant, zu der mehrere Tausend Teilnehmer erwartet werden, darunter viele Linksautonome. Anders als im Vorjahr soll der Protestzug nicht durch das Myfest führen. Dort war es im vergangenen Jahr zu ersten Flaschenwürfen gekommen, die in massiven Ausschreitungen am Kottbusser Tor mündeten.

Das Myfest wird seit 2003 im Kreuzberger Kiez gefeiert. Ziel des Bürgerfestes ist es, die Gewalt am Tag der Arbeit einzudämmen. Das Myfest mit zahlreichen Bühnen und Bands wird jedes Jahr von mehreren zehntausend Menschen besucht.

DGB-Kundgebung mit Wowereit

10.000 Menschen nahmen nach Angaben der Gewerkschaft an der DGB-Kundgebung am Brandenburger Tor teil. Zu den Teilnehmern gehörte auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Auf Transparenten wurde unter anderem "Von Arbeit muss man leben können - auch von ALG II" gefordert. In ganz Deutschland gab es zahlreiche Mai-Kundgebungen.

Mai-Kundgebungen in NRW

Über 80 Kundgebungen hat der DGB in NRW zum 1. Mai geplant. Auf der Rednerliste stehen prominente Namen, aber zwei fehlen: CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers tritt im Gegensatz zu früheren Jahren nicht auf, weil ihm das ohnehin als Wahlkampf ausgelegt würde. Da verzichtete er lieber von vornherein.

Auch für DGB-Landeschef Guntram Schneider ist kein Auftritt vorgesehen. Der Grund: SPD-Landeschefin Hannelore Kraft hat ihn unlängst in ihr "Schattenkabinett" berufen. Wird sie Ministerpräsidentin, heißt der nächste Arbeitsminister Guntram Schneider. Bis zur Wahl am 9. Mai lässt er seine DGB-Amtsgeschäfte ruhen, um keinen Verstoß gegen die gebotene parteipolitische Neutralität zu riskieren.

Dass Schneider einer rot-grünen Landesregierung den Vorzug vor Schwarz-Gelb gibt, hat er allerdings noch vor seiner Ernennung überaus deutlich zu verstehen gegeben. Hannelore Kraft sprach dafür heute Vormittag auf einer Kundgebung der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) in Kamp-Lintfort.

Friedlich verliefen die Demonstrationen gegen die Wahlkampfveranstaltungen der Rechtspopulisten von Pro NRW und der NDP Samstag in Solingen. Nur knapp etwas mehr als 500 Teilnehmer sind am Samstagmorgen zur traditionellen Maikundgebung in den Duisburger Landschaftspark gekommen.

Festnahmen in der Nacht zum 1.Mai

In der Walpurgisnacht hat es in Hamburg Festnahmen und Verletzte gegeben. Nach den Ausschreitungen im Hamburger Schanzenviertel nahm die Polizei nach eigenen Angaben neun Randalierer fest. Bei den Krawallen wurden 17 Polizisten und ein Passant verletzt, wie ein Polizeisprecher in der Hansestadt mitteilte. Anhänger der linksautonomen Szene hatten am späten Abend Mülltonnen angezündet und Beamte mit Steinen und Flaschen beworfen.

Die Lage im Schanzenviertel habe sich erst gegen Morgen völlig beruhigt, sagte der Sprecher. Etwa 300 bis 400 Schaulustige hätten die Auseinandersetzungen der Randalierer mit der Polizei verfolgt. Die Polizei rechnete im Tagesverlauf mit erneuter Randale.

In Berlin wurden 60 Personen vorübergehend festgenommen. Ihnen wurde unter anderem schwerer Landfriedensbruch, versuchte Gefangenenbefreiung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. 16 der Festgenommenen sollten einem Haftrichter vorgeführt werden. Bei allen Feiern hatte ein Flaschen- und Dosenverbot gegolten. Die Polizei war in ganz Berlin mit 3000 Beamten im Einsatz. Zwölf Beamte wurden leicht verletzt.

Berlin, Boxhagener Platz: In Berlin flogen nach Angaben der Polizei auf dem Boxhagener Platz vereinzelt Flaschen. Es gab einige Festnahmen. Über die genaue Zahl machte die Polizei zunächst keine Angaben. Die Feiern und Veranstaltungen zur Walpurgisnacht seien aber weitgehend ruhig verlaufen, sagte ein Polizeisprecher. Die Polizei berichtete am Samstagmorgen, es habe "vereinzelte Festnahmen" gegeben.

Auf dem Boxhagener Platz hatten am Abend mehrere Hundert Menschen eine "antikapitalistische Walpurgisnacht" gefeiert. Zu der Kundgebung mit Redebeiträgen und Bandauftritten wurden 500 Teilnehmer erwartet. Sie richtete sich gegen die Aufwertung und damit gegen die Umstrukturierung der Berliner Innenstadt. Nach dem Ende von Veranstaltungen am Boxhagener Platz am Vorabend des 1. Mai war es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Randale gekommen.

Berlin, Schöneweide: Polizeiangaben zufolge hatten 750 Menschen in Schöneweide gegen die bei Neonazis beliebte Kneipe "Zum Henker" protestiert. Die Demonstration verlief ohne besondere Zwischenfälle. In dem Lokal wurden drei Personen festgenommen. Ein 33-jähriger Gast hatte vor dem Gebäude den Hitler-Gruß gezeigt und ein 36-Jähriger trug eine nicht abgedeckte Tätowierung eines "SA-Abzeichens".

Außerdem stießen die Beamten auf eine 22-jährige Frau, gegen die ein Haftbefehl wegen Urkundenfälschung bestand. Außerdem wurden Ermittlungsverfahren wegen Drogenbesitzes und Verstößen gegen das Vermummungsgebot eingeleitet. Zu der Veranstaltung hatte ein Bündnis Berliner Antifa-Gruppen aufgerufen. An dem Protest nahm auch die Bezirksbürgermeisterin von Treptow-Köpenick, Gabriele Schöttler (SPD), teil. Sie nannte die Kneipe einen "Schandfleck".

Berlin, Prenzlauer Berg: Im Mauerpark feierte der Verein Freunde des Mauerparks am Abend eine "Friedvolle Walpurgisnacht 2010". Dort fanden sich ebenfalls mehrere Hundert Menschen ein. Laut Polizei blieb bis nach Mitternacht alles friedlich.

Berlin, Hellersdorf: Unbekannte Täter haben in der Nacht zum 1. Mai in Hellersdorf eine Straßenbahn mit Pflastersteinen beworfen. Ein Stein durchschlug gegen Mitternacht die Seitenscheibe einer Tram der Linie M 8 in der Allee der Kosmonauten, wie ein Polizeisprecher am Samstag mitteilte. Verletzt wurde niemand. Die Kriminalpolizei hat ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung eingeleitet.

(DDP/awei)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort