Reemtsma-Entführer Drach Bruder des Angeklagten nennt Vorwürfe "Mumpitz"

Hamburg (RPO). Im Prozess gegen den verurteilten Reemtsma-Entführer Thomas Drach sind am Montag vor dem Hamburger Landgericht erste Zeugen vernommen worden. Gehört wurde unter anderen ein Beamter des Landeskriminalamtes, der den Bruder des Angeklagten, Lutz Drach, zu den Vorwürfen der Anstiftung zur räuberischen Erpressung vernommen hatte.

Chronologie des Entführungsfalls Reemtsma
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Foto: dpa, Christian Charisius

Lutz Drach kann sich laut Aussage des Kriminalbeamten zwar vorstellen, dass sein Bruder sehr sauer auf ihn sei, weil er Geld verspekuliert habe. Er fühle sich allerdings nicht bedroht, gab der Beamte die Aussage vom Mai 2009 wieder.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 51-jährigen Thomas Drach vor, aus dem Gefängnis heraus einen Freund zur räuberischen Erpressung seines eigenen Bruders angestiftet zu haben. Zu der Tat kam es nicht, weil Justizbeamte entsprechende Briefe abfingen und an das Landeskriminalamt weiterleiteten. Lutz Drach bezeichnete die Vorwürfe dem Zeugen zufolge als "Mumpitz".

Drach führte lautstark Selbstgespräche

Der Angeklagte Thomas Drach selbst äußerte sich am Montag immer wieder im Verfahren. Er habe seinem Bruder fünf bis sechs Millionen Deutsche Mark oder Schweizer Franken des Lösegelds aus der Reemstma-Entführung zur Geldwäsche gegeben, sagte er. Dieser habe sich allerdings nicht an die Absprachen gehalten, weshalb er nicht wisse, was mit dem Geld geschehen sei.

Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages wurde zudem die ehemalige Leiterin der Vollzugsabteilung im der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hamburg-Billwerder gehört, in der Drach einsitzt. Die Zeugin hatte nach eigener Aussage unter anderem zwei Briefe angehalten, die später mit zur Anklage des Beschuldigten geführt hatten.

Die Zeugin berichtete über die Haftbedingungen für den Angeklagten. Drach habe lautstark und in aggressiver Form häufiger Selbstgespräche geführt. Diese seien an eine namentlich nicht genannte Person gerichtet gewesen, die er beschuldige, Geld, das er sich erhofft habe, möglicherweise nicht mehr in dem Ausmaß zu haben.

Drach war als Kopf der Reemtsma-Entführung im März 2001 wegen erpresserischen Menschenraubes zu 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. In der Folge hatte sich seine Haftstrafe wegen zweier weiterer Verurteilungen um mehrere Monate verlängert. Damit könnte er frühestens am 21. Juli 2012 entlassen werden.

Sollte ihn das Landgericht im aktuellen Verfahren aber zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilen, könnte eine Sicherungsverwahrung in Betracht kommen. Der größte Teil des Lösegeldes von damals - 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken - ist nach wie vor verschwunden.

(apd)
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