Der Alltag der Kampfmittelbeseitiger So funktioniert eine Bombenentschärfung
Wer führt eine Bombenentschärfung durch?
Für Bombenentschärfungen ist der sogenannte Kampfmittelbeseitigungsdienst zuständig. In NRW gibt es zwei Spezialisten-Teams. Eins sitzt bei der Bezirksregierung Arnsberg, das andere in Düsseldorf. Sie werden bei Zufallsfunden aktiv, suchen aber auch präventiv nach Blindgängern. Der Beruf des Kampfmittelbeseitigers ist kein Ausbildungsberuf. Häufig handelt es sich um ausgebildete Munitionsfachleute oder Feuerwerker.
Wie ist das genaue Vorgehen?
Vor der Entschärfung muss die Bombe zunächst freigelegt werden. Das muss vorsichtig erfolgen. Denn wird die Bombe bewegt, könnte sie explodieren. Danach muss der Kampfmittelbeseitiger den Zündmechanismus identifizieren, um zu wissen, wie er die Bombe entschärfen kann. Ist der Zünder erfolgreich ausgebaut, ist die Bombe transportfähig. Sie wird zur Vernichtung des Sprengstoffs abtransportiert.
Was für Arten von Zündern gibt es?
Es gibt mechanische und chemische Zündmechanismen. Der sogenannte Aufschlagszünder arbeitet rein mechanisch. Die Zündnadeln der Sprenglagung lösen in der Regel beim Aufprall aus. Etwas komplizierter ist es bei chemischen Säure- oder Langzeitzündern. Hier bringt erst das Lösungsmittel Aceton die Bombe zur Explosion – mit einer Verzögerung von einigen Stunden oder sogar Tagen. So sollten in Kriegszeiten Lösch- und Bergungsarbeiten verhindert werden.
Was kann bei einer Bombenentschärfung passieren? Wie gefährlich ist das?
Der gefährlichste Moment einer Bombenentschärfung ist das Herausdrehen der Zünder. Bei chemischen Zündern ist häufig eine Ausbausperre vorhanden, die den Zünder sofort auslöst. Sie sind daher noch gefährlicher als mechanische Zünder und müssen besonders sorgfältig behandelt werden. Selbst bei professioneller Vorgehensweise gibt es nie eine absolute Gewissheit. So kam es in der Vergangenheit auch schon zu tödlichen Unfällen. 2010 kamen in Göttingen drei Kampfmittelbeseitiger bei der Explosion einer Fliegerbombe ums Leben.
Was passiert, wenn es schief geht? Wer haftet für Schäden?
Sollte bei einer Bombenentschärfung etwas schief gehen und Schäden am eigenen Haus oder Grundstück entstehen, haftet in der Regel die Versicherung. Zwar sind nach den unverbindlichen Musterbedingungen des Versicherungs-Dachverbandes GDV Schäden die auf Kriegsereignisse zurückgehen, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Jedoch sei dem GDV kein Fall bekannt, bei dem ein Versicherer derartige Schäden nicht übernommen hätte.
Wer zahlt die Kosten, wenn sich eine Bombe auf einem Privatgrundstück befindet?
Das Land NRW übernimmt die Kosten für die Entschärfung und Beseitigung von Blindgängern auf Privatgrundstücken. Allerdings kommt es laut einem Erlass des Innenministeriums nicht für eventuelle Absicherungs- und Evakuierungskosten auf. Dafür sind die entsprechende Ordnungsbehörde oder der Grundstückseigentümer zuständig. Bei Privatgrundstücken ist es dann der Ordnungsbehörde überlassen, ob sie die Kosten selbst trägt oder dem Eigentümer in Rechnung stellt.
Wo liegen besonders viele Bomben in NRW?
Bombardiert wurden im Zweiten Weltkrieg vor allem Großstädte, insbesondere entlang der Rheinschiene und im Ruhrgebiet. Auch Verkehrsknotenpunkte und damalige Industrieanlagen gehörten zu den häufigsten Zielen der Luftangriffe. Dementsprechend finden sich dort auch heute noch die meisten Blindgänger.
Wie viele Bomben werden heute noch in NRW gefunden?
Im Jahr 2017 entdeckten die nordrhein-westfälischen Kampfmittelbeseitigungsdienste insgesamt 1946 Bomben. Deutlich mehr als ein Jahr zuvor (1392). Allerdings sank die Zahl der Bomben mit einer Sprengkraft von 50 Kilogramm und mehr. 2016 wurden 238 dieser Bomben gefunden, 2017 waren es noch 217. Diese Bomben müssen wegen ihrer Sprengkraft oft direkt vor Ort entschärft oder kontrolliert gesprengt werden.