Ehemaliger „Bild“-Chefredakteur „Spiegel“ muss Artikel über Julian Reichelt offline nehmen

Hamburg · Der „Spiegel“ darf seinen Artikel über den ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt mit dem Titel „Vögeln, fördern, feuern“ nicht weiter im Netz lassen.

 Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt (Archivfoto).

Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt (Archivfoto).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Grundlage sei ein Beschluss des Landgerichts Hamburg, wie eine Sprecherin des Nachrichtenmagazins am Freitag dem Evangelischen Pressedienst sagte. In dem im März veröffentlichten Beitrag hatte der „Spiegel“ über mutmaßlichen Machtmissbrauch in der „Bild“-Redaktion und insbesondere über das Verhalten Reichelts berichtet.

Die jetzige Gerichtsentscheidung ist nicht die erste im Fall Reichelt gegen den „Spiegel“. Im Mai hatte der 41-Jährige bereits vor dem Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen das Nachrichtenmagazin erreicht. Infolgedessen ergänzte die Redaktion den nun nicht mehr aufrufbaren Online-Artikel um eine Stellungnahme Reichelts aus dem Gerichtsverfahren.

Dem neuen Ordnungsmittelbeschluss nach hält das Gericht diese Ergänzung aber nicht für ausreichend, sagte die „Spiegel“-Sprecherin. So habe die Pressekammer entschieden, dass die hinzugefügten Passagen keinen relevanten Unterschied zu der mit der einstweiligen Verfügung untersagten Berichterstattung begründen würden. Das Magazin halte diese Einschätzung für falsch und habe vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Beschwerde eingereicht.

Nach der ersten Veröffentlichung der Anschuldigungen war Reichelt auf eigenen Wunsch freigestellt worden, der Axel Springer-Konzern leitete eine Compliance-Untersuchung zur Prüfung der Vorwürfe ein. Ende März kehrte Reichelt an seinen Arbeitsplatz zurück. Zur Begründung hieß es, der Vorstand des Medienkonzerns sehe es trotz bei der Untersuchung festgestellter Fehler in der Amts- und Personalführung als nicht gerechtfertigt an, Reichelt von seinem Posten abzuberufen.

Im Oktober wurde Reichelt dann mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden. Als Grund gab der Konzern an, er habe als Folge von Medienrecherchen neue Erkenntnisse über das aktuelle Verhalten Reichelts gewonnen.

Vor Bekanntgabe der Entscheidung des Axel Springer-Vorstands zur Entlassung Reichelts war öffentlich geworden, dass die Spitze der Verlagsgruppe Ippen eine für den 17. Oktober geplante Berichterstattung zu mutmaßlichem Machtmissbrauch im Konzern Axel Springer gestoppt hatte. Daraufhin veröffentlichte der „Spiegel“ am Abend des 18. Oktober online Teile der Recherche. Der Fokus des Artikels liegt auf dem Umgang Reichelts mit ihm unterstellten Mitarbeiterinnen. Später bestätigte auch der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Konzerns, Mathias Döpfner, dass Reichelt nach Abschluss der Compliance-Untersuchung eine Beziehung mit einer ihm unterstellten Frau hatte.

(mba/epd)
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