Deutsche Frauen im Jemen getötet Bibelschule trauert um zwei Schwestern

Berlin/Sanaa (RP). Zwei Schwesternschülerinnen aus Niedersachsen hatten erst zwei Wochen vor ihrer Entführung und Ermordung im Nordjemen mit einem Praktikum an einer regionalen Klinik begonnen. Die deutsche Familie mit zwei Töchtern und einem elf Monate alten Sohn wird weiter vermisst.

Bibelschule trauert um zwei Schwestern
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Die Bibelschule in Brake ruft ihre Freunde und Anhänger auf, für Anliegen der Gemeinschaft zu beten. Jeden Tag für ein anderes. Am Freitag letzter Woche beteten die gläubigen Christen für die Studierenden, die gerade am Anfang ihres Praktikums stehen. So wie Anita (24) und Rita (26) im Jemen. Dass auch sie "zügig in ihre Aufgaben hineinfinden”, einen "wertvollen Dienst tun” und "großen Gewinn daraus ziehen” mögen.

Der Tag dieses Gebetes war nicht irgendein Tag, wie die entsetzte Bibelschule Anfang der Woche erfuhr. Es war der Tag, an dem die beiden Praktikantinnen entführt und bald darauf ermordet wurden. Nachdem Schäfer ihre Leichen in einem trockenen Flusstal rund zwölf Kilometer von der nördlichen Provinzhauptstadt Saada entfernt gefunden hatten, wurden die sterblichen Überreste mit einem Armeehubschrauber in die jemenitische Hauptstadt Sanaa geflogen.

Brutalst verstümmelt und erschossen

Fernsehteams waren zugegen, als die Todesopfer, die in Stoffbahnen und weiße Plastiksäcke gehüllt waren, aus dem Helikopter gehoben und in Wagen zum weiteren Transport gelegt wurden. Spezialisten des Bundeskriminalamts trafen gestern in Sanaa ein, um bei der näheren Identifizierung der Todesopfer helfen und Todesursache wie Todeszeitpunkt ermitteln zu können. Schon vorab war jedoch klar geworden, dass die Frauen offenbar weder im Kampf noch hinterrücks getötet worden sind, sondern brutalst verstümmelt wurden. Die Täter haben auf sie eingestochen und sie außerdem erschossen.

Das nährte umgehend Spekulationen, dass die mit missionarischem Hintergrund im Jemen tätigen Christinnen aus religiösen Gründen von islamistischen Eiferern ermordet worden sein könnten. Doch wiesen ortskundige Beobachter darauf hin, dass die Klinik Al-Dschumhuri, an der die Frauen drei Monate arbeiten wollten, seit 35 Jahren von der niederländischen Hilfsorganisation "Worldwide Services” unterstützt wird.

Rebellen loben Wirken der Helfer

Auch die Schwesternschülerinnen waren über die Organisation nach Saada gekommen. Ein Arztehepaar hatte die Initiative Anfang der 70er Jahre gegründet, um im Jemen medizinische Hilfe zu leisten. Selbst die in dieser Region seit langem in Kämpfe mit der Regierung verwickelten Rebellen sind voll des Lobes über das Wirken der Helfer. Sie seien immens wichtig für die örtliche Bevölkerung. Damit wies ein Rebellensprecher gestern erneut Behauptungen der Regierung zurück, diese schiitischen Extremisten stünden hinter der Entführung von sieben Deutschen einem Engländer und einer Südkoreanerin.

Mit den beiden deutschen jungen Frauen war auch die Leiche der 34-jährigen Lehrerin aus Südkorea gefunden worden. Vor zehn Jahren waren Mitarbeiter von "Worldwide Services” in Saada schon einmal Entführungsopfer. Doch wie die rund 200 anderen Geiseln im Jemen kamen auch diese zwei Briten und vier Niederländer unversehrt wieder frei, nachdem Lösegeld-Forderungen erfüllt worden waren. Schnell tauchten auch dieses Mal Vermutungen auf, hinter der Entführung könnten kriminelle Motive stehen. Jemenitische Medien berichteten von einem Machtkampf zwischen Drogenbossen und Sicherheitskräften, bei dem die Geiseln gegen die Rückgabe sichergestellten Rauschgiftes ausgetauscht werden sollten.

Keine Spur der anderen Vermissten

Erst am Donnerstag war eine in Saada entführte Gruppe von Mitarbeitern eines anderen Krankenhauses freigekommen. Keine Spur gab es indes bis zum Abend von dem 45-jährigen britischen Ingenieur, den beiden 36-jährigen deutschen Eltern Johannes und Sabine H., die ebenfalls seit Jahren für "Worldwide Services” im Jemen arbeiten, sowie ihren ebenfalls entführten Kindern Lydia (4), Anna (3) und dem erst elf Monate alten Sohn Simon. Johannes H. dürfte nach langjährigem Hilfseinsatz geglaubt haben, die Risiken selbst am besten einschätzen zu können. V

erschiedene Hilfsorganisationen sehen das anders. "Ärzte ohne Grenzen” betreibt noch zwei Projekte. Elf internationale und 190 nationale Mitarbeiter sind dafür eingesetzt, Deutsche nicht. Aus dem Norden Jemens haben sich die offiziellen Entwicklungshelfer längst zurückgezogen. Wegen der "verschlechterten Sicherheitslage”, sagt eine Ministeriumssprecherin, sei Anderes "nicht mehr zu verantworten” gewesen.

(RP)
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