Tödlicher Schuss auf nackten Mann in Berlin "Bei Notwehr ist ganzer Körper Trefferfläche"

Berlin · Die Polizeigewerkschaft hat das Vorgehen des Berliner Polizisten verteidigt, der am Freitag vor dem Roten Rathaus einen mit einem Messer bewaffneten Mann erschossen hatte. Nicht alle Beamten seien ausgebildete Scharfschützen. Zudem ließen sich nicht alle Konflikte mit Worten lösen.

 Eine Polizistin sichert am 28.06.2013 den Tatort am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus in Berlin.

Eine Polizistin sichert am 28.06.2013 den Tatort am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus in Berlin.

Foto: dpa, Kay Nietfeld

Kein Polizist mache es sich leicht, auf einen anderen Menschen zu schießen, sagte der Berliner Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, am Samstag im RBB. Es sei nicht möglich, alle Beamten zu Kampfkünstlern oder Scharfschützen auszubilden, damit in einer solchen Situation auf Arme oder Beine geschossen werden kann.

 Der Neptunbrunnen ist bei gutem Wetter ein beliebter Treffpunkt in Berlin.

Der Neptunbrunnen ist bei gutem Wetter ein beliebter Treffpunkt in Berlin.

Foto: dpa, Hannibal Hanschke

Der Polizist hatte den mutmaßlich verwirrten Mann in den Oberkörper getroffen, er starb noch im Rettungswagen. Der Mann - vermutlich ein 31 Jahre alter Berliner - hatte nackt in einem Brunnen vor dem Rathaus gestanden. Er hatte sich mit dem Messer zunächst selbst verletzt und dann einen Polizisten bedroht. Als er nicht auf Aufforderungen reagierte, das Messer fallenzulassen, gab ein zweiter Polizist einen Schuss ab.

"Krankheitsbild spielt keine Rolle mehr"

"In solchen Extremsituationen spielt das spezielle Krankheitsbild keine Rolle mehr", sagte der Polizeigewerkschafter. Bei Notwehr sei zudem der ganze Körper die Trefferfläche.

"Wenn am Ende jemand mit der Waffe auf einen losgeht, dann ist auch das staatliche Gewaltmonopol gefragt, weil man nicht alle Konflikte dieser Welt sprachlich lösen kann." Zugleich zeigte er Verständnis für die durch den Vorfall ausgelöste Debatte: "Es wird jetzt eine Diskussion geführt über die Verhältnismäßigkeit der Polizei-Maßnahme. Das ist auch in Ordnung."

Ein Video auf der Internet-Plattform Facebook, das die Erschießung eines nackten Mannes im Neptunbrunnen zeigt, löste derweil Empörung unter Medienpolitikern aus. Unionsfraktionsvize Michael Kretschmer (CDU) sagte dem Magazin "Focus": "So etwas darf nicht gepostet werden." Facebook müsse in solchen Fällen sofort reagieren und die Bilder aus dem Netz nehmen. Die Bilder seien "menschenverachtend", fügte der CDU-Medienexperte hinzu.

Ein Sprecher von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sagte dem Magazin: "Offenbar reichen die technischen Instrumente und die Teams, die Inhalte der Seiten angeblich rund um die Uhr prüfen, nicht aus."

(AFP)
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