Vier weitere Angeklagte vor Gericht Beate Zschäpe wegen Beihilfe zum Mord angeklagt

München/Karlsruhe · Ein Jahr nach dem Auffliegen der Zwickauer Terrorzelle hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe erhoben. Die mutmaßliche NSU-Terroristin wird wegen Beihilfe zu zehn Morden angeklagt.

Das Neonazi-Trio und seine Helfer
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Foto: dapd, BKA/Ostthueringer Zeitung

Die Bundesanwaltschaft wirft der 37-Jährigen vor, sich an der Ermordung von acht Mitbürgern türkischer und einem Mitbürger griechischer Herkunft sowie an dem Mordanschlag auf zwei Polizeibeamte in Heilbronn beteiligt zu haben, wie die Bundesanwaltschaft am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte. Zudem soll sich Zschäpe an zwei Sprengstoffanschlägen der Terrorgruppe in Köln als Mittäterin beteiligt haben. Neben Zschäpe werden vier mutmaßliche Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) angeklagt. Der Fall soll vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München verhandelt werden.

Zu den vier ebenfalls angeklagten mutmaßlichen NSU-Unterstützern gehört laut Generalbundesanwalt Harald Range der Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Er soll sich wie auch der Mitangeklagte Carsten S. wegen Beihilfe zum Mord verantworten. Ebenfalls angeklagt wurde der mutmaßliche NSU-Unterstützer Andre E. , der Beihilfe zu einem Sprengstoffanschlag des NSU in Köln geleistet haben soll. Dem fünften Angeklagten Holger G. wird Unterstützung des NSU in drei Fällen zur Last gelegt.

Der Prozess um die NSU-Verbrechen soll vor dem Staatsschutzsenat des Münchner Oberlandesgerichts stattfinden. Die Anklageschrift umfasst laut Range 500 Seiten. Der Generalbundesanwalt sagte, Zschäpe und die toten NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt seien in der Terrorzelle gleichberechtigt gewesen. Es habe sich um ein "einheitliches Tötungskommando" gehandelt. Es gebe keine Belege für Verpflechtungen des NSU mit anderen Gruppierungen. Nach Angaben Ranges wird gegen acht weitere Beschuldigte ermittelt. Diese Ermittlungen dauerten an, sagte der Generalbundesanwalt.

Die 37-jährige Zschäpe ist die einzige Überlebende der Terrorzelle. Ihre mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt töteten sich selbst. Die rechtsradikale Gruppe hatte sich den Namen "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) gegeben.

Ihr werden insgesamt neun Morde an türkischen und griechischen Kleinunternehmern in den Jahren 2000 bis 2006 zugerechnet, außerdem der Mordanschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn 2007, bei dem die Beamtin Michèle Kiesewetter getötet und ihr Kollege schwer verletzt wurde. Hinzu kommen zwei Bombenanschläge in Köln, bei denen 2001 und 2004 insgesamt mehr als 20 Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden.

Kritik von Zschäpes Anwalt

Der Verteidiger von Beate Zschäpe hat die Informationspolitik der Bundesanwaltschaft scharf kritisiert. "Es ist skandalös und respektlos gegenüber der Mandantin und ihrer Verteidigung, dass der Generalbundesanwalt die Öffentlichkeit über den Inhalt der Anklageschrift informiert, die nicht förmlich zugestellt wurde und der Verteidigung demzufolge nicht bekannt ist", sagte Rechtsanwalt Wolfgang Heer am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.

Zschäpe war 1998 gemeinsam mit Mundlos und Böhnhardt untergetaucht, nachdem die Polizei eine Bombenwerkstatt der Neonazis entdeckt hatte. Fast 14 Jahre lang konnte sich die Gruppe im Untergrund halten. Ihren Lebensunterhalt finanzierten die drei unter anderem mit zahlreichen Banküberfällen.

Zuletzt lebten sie in einer gemeinsamen Wohnung in Zwickau. Als Mundlos und Böhnhardt sich töteten, um nach einem Banküberfall der Festnahme zu entgehen, zündete Zschäpe die Wohnung an. Am 8. November 2011 stellte sie sich der Polizei.

(REU/dpa/AFP)
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