Sicherheitstest unter dem Ärmelkanal Bahn lässt ICE im Eurotunnel evakuieren

Lille (RPO). Die Deutsche Bahn hat in der Nacht zu Sonntag einen ICE im Eurotunnel unterhalb des Ärmelkanals wie geplant evakuieren lassen. Das Unternehmen sieht sich nach dem erfolgreichen Sicherheitstest mit der geplanten Zugverbindung nach London einen großen Schritt weiter.

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Deutsche Bahn und die Betreibergesellschaft des Tunnels informierten am Sonntag über den Sicherheitstest. Die Übung mit 300 Teilnehmern sei zweimal absolviert worden und könne "auf den ersten Blick als Erfolg bezeichnet werden", sagte eine Sprecherin der Betreibergesellschaft Eurotunnel. Für die Übung wurde der von Siemens gebaute ICE3 von einer Extra-Lokomotive in den Tunnel unter dem Meer gezogen. Die beiden Evakuierungen wurden dann von 00.30 Uhr bis gegen 04.00 Uhr erfolgreich geprobt. Eine genauere Bewertung des Tests solle nun rasch erfolgen, fügte die Eurotunnel-Sprecherin hinzu.

Die Evakuierungsübungen seien "ein erster wichtiger Auftakt" für das weitere Zulassungsverfahren, um den Tunnel mit den ICE-Zügen befahren zu können, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Die Züge der Deutschen Bahn dürfen diese Strecke bislang aus Sicherheitsgründen nicht befahren: Die Rettungsvorschriften sehen vor, dass die 400 Meter langen Eurotunnel-Züge von vorne bis hinten zu durchlaufen sein müssen. Die modernen ICEs sind aber in zwei Halbzüge von je 200 Metern Länge unterteilt.

Nach der "erfolgreich verlaufenen" Evakuierungsübung sei die Bahn "sehr optimistisch", dass der Bericht der Betreibergesellschaft an die zuständigen Behörden positiv ausfallen werde, sagte der Bahn-Sprecher. Nach dem Testdurchlauf fuhr der Schnellzug zurück zum französischen Terminal des Eurotunnels nahe Calais. In der Nacht zum Dienstag soll der ICE den Eurotunnel dann ganz durchqueren und bis nach London fahren, wo ihn Bahn-Chef Rüdiger Grube und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) präsentieren wollen.

Die Deutsche Bahn hat schon seit langem die prestigeträchtige Verbindung von Frankreich nach Großbritannien im Visier und strebt eine Verbindung nach London ab 2013 an. Seit der Eröffnung des Eurotunnels 1994 fahren dort nur die Züge von Eurostar, einer Tochter der französischen Staatsbahn SNCF. Die 50 Kilometer lange Tunnelstrecke ist nach Angaben von Eurotunnel die am meisten befahrene Eisenbahnstrecke der Welt. Sie wird im Zuge der Liberalisierung des Zugpassagierverkehrs in der EU nun für Konkurrenzunternehmen geöffnet.

Vor dem erfolgreichen Evakuierungstest am Wochenende war bereits am Mittwoch ein ICE ohne Passagiere, sondern nur mit Technikern von Deutscher Bahn und dem Tunnelbetreiber Eurotunnel an Bord, in den Tunnel eingerollt. Er fuhr mit einer Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde in den Tunnel, stoppte nach einem Kilometer und fuhr in die entgegengesetzte Richtung wieder zurück.

Die Eurotunnel-Verbindung könnte für die Deutsche Bahn finanziell lukrativ sein, denn sie könnte etwa die beiden Finanzzentren Frankfurt am Main und London miteinander verbinden. Bahn-Chef Grube rechnet mit mehr als einer Million Fahrgäste pro Jahr. Außerdem aber böte eine solche Verbindung ein hohes Prestige - und wäre ein Symbol für den internationalen Kurs, den die Bahn seit Jahren einschlägt.

(AFP/pst)
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