Unser Bahnreporter unterwegs Bahn-Klos: Defekt, dreckig, desolat

Düsseldorf · Nach den Erfahrungen unseres Bahnreporters ist es um die Sauberkeit von Toiletten in S-Bahnen besonders schlecht bestellt. Noch am angenehmsten zu benutzen sind die stillen Örtchen in Privatbahnen und in aufpreispflichtigen ICE-Fernverkehrszügen.

Unser Bahnreporter unter Fußball-Fans
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Nach einem Tag Bahnfahren führt mich abends der erste Weg zu Hause ins Bad — Händewaschen. In diesen Momenten bin ich froh über die blaue "Arztseife", die bei uns am Waschbecken steht. Sie vermittelt immerhin schon aufgrund ihres Namens das Gefühl von klinisch sauberen Händen, das ich im Zug schnell verloren habe.

Dabei ist es nicht einmal die durch Untersuchungen belegte Vorstellung, dass auf jedem Handlauf, jeder Armlehne, jedem Türgriff Bakterien lauern könnten, sondern der reine Anblick der Toiletten in den Zügen, der anwidert: Urinflecken auf dem Boden, direkt daneben die einzige Klopapierrolle, verschmierte Plastikoberflächen der sogenannten Armaturen, defekte Wasserhähne und Notrufknöpfe — das sind die Zustände, die noch berichtbar sind. Welche Spuren sich in den Edelstahlschüsseln finden, die in purem Euphemismus Toiletten genannt werden, verschweige ich lieber — vielleicht frühstücken Sie gerade.

Wenn ich ein subjektives Klo-Ranking aufstellen würde, kämen die S-Bahnen am schlechtesten weg, dann die Regionalzüge. Zumindest moderner — wenn auch nicht immer sauberer — sieht es in Privatbahnen aus, an die Qualität des ICE, der aber auch teurer ist, reichen sie aber noch nicht heran.

Dass mein Empfinden bei der Besichtigung der Bahnklos nicht übertrieben ist, zeigen auch einige Zuschriften. Bernhardine Büscher-Kahl wohnt in Kleve und fährt regelmäßig über Emmerich ins Ruhrgebiet. Sie findet: "Mehr als 50 Prozent der Züge auf der Strecke Emmerich — Koblenz sind einfach Ekelpakete. Ich verkneife mir morgens meinen geliebten Tee, um nicht in die Verlegenheit der Toilettennutzung zu kommen."

Noch drastischer formuliert Astrid Thiemann ihr Erlebnis auf der Rückfahrt im IC 118 vom Skiurlaub im Ötztal nach Neuss: "Worüber ich wirklich entsetzt bin, ist der Zustand der sogenannten sanitären Einrichtung des Zuges. Nicht nur die mangelnde Sauberkeit des ,Örtchens' hat mich angeekelt, vielmehr war die Toilette als solche gar nicht erkennbar, so kaputt und verkommen war das, was als Toilettenschüssel wohl vorgesehen sein sollte", schreibt Thiemann.

Bei mehr als zehn Stunden Zugfahrt lasse es sich kaum vermeiden, eine Toilette aufzusuchen, doch der Anblick dieser Einrichtung führt bei ihr zu folgendem Schluss: "Ich habe das Wassertrinken auf dieser Fahrt eingestellt und wäre lieber verdurstet, als die Toilette ein zweites Mal aufzusuchen." Aus dieser "wenig entspannten Zugfahrt" will Thiemann nun eine Konsequenz ziehen: "Ich werde zukünftig lieber wieder mit dem Auto reisen, denn jede schlechte Raststättentoilette ist besser als das, was man in einem Zug vorfindet, der auf so langer Strecke eingesetzt wird."

Doch auch auf kürzeren Strecken kann die Klo-Problematik zu Verspannungen führen. Am Hauptbahnhof Düsseldorf warte ich auf den RE 13, den Wupper-Maas-Express. Neben mir fünf kräftige Männer, die Bier aus Dosen trinken. Es ist 12 Uhr mittags. Kaum im RE 13 angekommen, begeben sich die Dosenbiertrinker zur Toilette — die erste ist mit einem roten Plastikfetzen verschlossen und als "defekt" gekennzeichnet.

Also schlägt sich das Quintett durch den Zug bis zur zweiten Toilette, an der so natürlich ein Stau entsteht. Einer der letzten aus dem fünfköpfigen Team wird von seinen Kumpels "Dirty" gerufen — irgendwie passend zu Zug-Klos. "Dirty, bist du noch da drinnen?" "Dirty, machst du dir die Haare?" Dirty kommt aus der Toilette — er hat eine Mütze auf. Ob er sich vor dem verschmierten Spiegel wirklich frisiert hat, bleibt darunter verborgen. Da in den ersten 20 Minuten seit Düsseldorf bereits acht Personen diese eine Toilette benutzt haben, entscheide ich mich auszusteigen. Die Toilettennutzung in Bahnhöfen kostet zwar, aber dafür ist es sauberer.

Die nächste Station ist Wuppertal-Barmen. Der Bahnhof dort hat nicht nur keine Farbe mehr an den Wänden, sondern auch keine Toilette. Der nächste Zug kommt in 15 Minuten. Ich gehe den Bahnsteig auf und ab, versuche, nicht an den Kaffee zu denken, den ich getrunken habe. Dann fährt der RE 4 Richtung Aachen ein. Die erste Tür vor meiner Nase trägt ein gelbes Schild: "Tür unbenutzbar". Die zweite Tür links daneben ebenfalls. Die dritte erreiche ich, bevor der Zug abfährt, suche die nächste Toilette und stehe erneut vor dem Schild: "Tür unbenutzbar". Erleichterung bringt erst der Hauptbahnhof in Düsseldorf. Beim Händewaschen sagt mein Nachbar: "Die hätten wenigstens das Wasser warm machen können." Immerhin gibt es Handseife.

(RP/sap/top/csi)
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