Unterzeichnung in Washington 50 Jahre Artenschutzabkommen – Bei Wilderei und Industrie ansetzen

Genf · Manche Tiere und Pflanzen wären wohl ausgerottet worden, wenn die Welt den kommerziellen Handel nicht eingeschränkt hätte. Besonders Wilderei ist dennoch ein drängendes Problem.

 Ein Feldhamster schaut auf einer Ackerfläche aus seinem Bau. Der putzig aussehende Nager mit den typischen Hamsterbacken ist vom Aussterben bedroht.

Ein Feldhamster schaut auf einer Ackerfläche aus seinem Bau. Der putzig aussehende Nager mit den typischen Hamsterbacken ist vom Aussterben bedroht.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Angesichts des dramatischen Rückgangs der Artenvielfalt verlangen Umweltschützer zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) mehr Einsatz. Laut CITES-Sekretariat sind mehr finanzielle Anreize nötig, damit Anwohner die Arten in ihrer Umgebung schützen. Vor allem Unternehmen, die vom Handel etwa mit Holz, Duftstoffen oder Leder profitierten, sollten stärker zur Kasse gebeten werden, sagte die CITES-Generalsekretärin Ivonne Higuero der Deutschen Presse-Agentur in Genf. Zudem müssten Regierungen Wilderei und Schmuggel konsequenter unterbinden.

Das Abkommen wurde am 3. März 1973 unterzeichnet, um bedrohte Tier- und Pflanzenarten vor unkontrolliertem Handel zu schützen. „Afrikanische Elefanten, Ozelote, Buckelwale oder Hellrote Aras wären heute vermutlich ausgerottet, wenn CITES nicht die Reißleine gezogen hätte“, sagte Sandra Altherr von der Organisation Pro Wildlife.

„Die Kosmetik- und Gesundheitsbranche, die Luxusgüterindustrie, Holzfirmen - alle müssen mehr in die Nachhaltigkeit investieren“, forderte Higuero. Sie sei dazu mit vielen im Gespräch. „Diejenigen, die die Ressourcen nutzen und davon profitieren, sollten mehr zahlen.“ Es gehe um eine direkte Unterstützung der Menschen vor Ort. Der Großteil der zu schützenden Arten befinde sich in den ärmsten Ländern der Welt. Auch Regierungen müssten mehr Geld geben: „Wenn die ganze Welt vom Artenschutz profitiert, sollten auch alle zahlen.“

In den Anhängen des Abkommens sind inzwischen rund 40 000 Tier- und Pflanzenarten gelistet. Der kommerzielle Handel mit Exemplaren aus der Wildnis ist dann entweder verboten oder nur mit Lizenz möglich, wenn der Artenschutz gewährleistet ist. Die Listen werden stetig ergänzt, im vergangenen Jahr etwa wurden Dutzende Hai- und Rochen-Arten aufgenommen. Gelistet sind etwa auch Meeresschildkröten, Wale, Nashörner, Orchideen und bestimmte Baumarten. Die 183 CITES-Mitglieder können bei Sorge über die Bestände einer Art ein Handelsverbot verhängen und eine Untersuchung anordnen.

Die Umweltstiftung WWF spricht von einer „Erfolgsgeschichte der internationalen Umweltdiplomatie“. Sie verlangt aber entschlosseneres Vorgehen gegen die Wilderei. „Andernfalls fallen unsere Artenschutz-Erfolge der Kriminalität zum Opfer“, sagte Arnulf Köhnke vom WWF. Pro Wildlife verlangt mehr Tempo: „Wenn wir die globale Artenvielfalt vor Übernutzung retten wollen, brauchen wir ein höheres Tempo und vorsorgliche, umfassende Entscheidungen, statt - wie aktuell - mühsame und kontroverse Debatten über den Schutzstatus einzelner Arten zu führen“, sagte Altherr.

Als CITES-Erfolg gelten etwa die Maßnahmen zum Schutz der Vikunja, einer südamerikanischen Kamelart, und der Nilkrokodile. Durch Handelsverbote erholten sich die Bestände. Anden-Bewohner verkaufen die Wolle der Vikunjas nun nachhaltig, und Nilkrokodile, deren Leder beliebt ist, können teils wieder gejagt werden. Dagegen sind Tiger, Nashörner und teils auch Elefanten durch Wilderei weiter sehr bedroht.

Die internationale Zusammenarbeit werde auch unter CITES-Staaten schwieriger, was Higuero mit Sorge beobachtet. So seien südafrikanische Länder beim Thema Elefanten frustriert. „Sie sagen: Wir haben die Ressourcen, aber die anderen bestimmen, wie wir damit umgehen.“ Sie verlangen - bislang vergeblich - die Freigabe einiger Elefanten-Populationen für den kommerziellen Handel. Manche drohten mit dem Austritt aus CITES, sagte Higuero. „Wir sagen den Regierungen dann: Mit wem wollt ihr handeln? Praktisch alle anderen Länder unterliegen den CITES-Verpflichtungen.“

Der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) und der Deutsche Jagdverband (DJV) sagen, kontrollierte Jagd trage zur Erhaltung von Arten bei. Etwa, weil indigene Völker dann ihren Lebensunterhalt sichern könnten. Die legale Jagd auf Eisbären mache nur einen Bruchteil der natürlichen Mortalität aus. Bei den im Norden von Kanada lebenden Inuit spüle aber der Verkauf einer Jagdlizenz zwischen 30 000 und 40 000 US-Dollar „in die Gemeindekasse einer ansonsten einkommensschwachen Region“, so der CIC-Deutschland. Solche Gelder werden in der Regel teils in den Schutz der Lebensräume und des Wildes investiert.

Bei der Wilderei-Bekämpfung sieht Higuero die wachsende Zusammenarbeit zwischen Herkunfts-, Transit- und Zielländern als Erfolg. Zudem unterstütze gerade Deutschland viele Länder beim Training von Wildschützern und und Aufbau von Managementbehörden. Die CITES-Generalsekretärin verlangte schärfere Strafen für Wilderei. Meist würden nur die Handlanger geschnappt, die jagen oder Bäume fällen. Die Fäden hätten andere in der Hand. „Wir müssen die Großen rankriegen“, sagte sie.

(ele/dpa)
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