Gerichte rechnen mit Klagen ARD-Chef rechtfertigt neue Rundfunkabgabe

Die neue, pauschal pro Haushalt erhobene Rundfunkbeitrag erhitzt die Gemüter. Gerichte stellen sich auf eine Klagewelle ein. ARD-Chef Marmor verteidigt die neue Gebühr, die breite Ablehnung nennt er eine "Kommunikationsaufgabe".

 ARD-Chef Lutz Marmor räumt Fehler bei der neuen Rundfunkgebühr ein, hält aber grundsätzlich daran fest.

ARD-Chef Lutz Marmor räumt Fehler bei der neuen Rundfunkgebühr ein, hält aber grundsätzlich daran fest.

Foto: dpa, Jens Büttner

Der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Marmor sagte im "Spiegel" auf die Frage, warum 60 Prozent der Deutschen das Projekt ablehnten:
"Zum jetzigen Zeitpunkt sind es schon 40 Prozent, die den neuen Beitrag gut finden. Bei den anderen haben wir noch eine Kommunikationsaufgabe." Marmor räumte auch Fehler ein, etwa bei der Vorgabe, auch von Demenzkranken in Pflegeheimen die Gebühr zu fordern, die erst nach Protesten zurückgenommen wurde: "Als ich das hörte, war mir gleich klar: Das geht ja gar nicht. Das wäre unmenschlich und niemandem zu erklären."

Zurzeit gingen bei der ARD mehr Beschwerden als sonst ein. "Bei Firmen mit vielen Filialen kann ich die Beschwerden teilweise nachvollziehen", räumte der ARD-Vorsitzende ein. "Es gibt aber auch Unternehmen, die weniger zahlen." Für 90 Prozent der Leute ändere sich jedoch nichts an der Höhe ihrer Beiträge.

Marmor bestritt, dass die Umstellung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Mehreinnahmen bis zu 1,6 Milliarden Euro bringen könnte. "Wo diese Zahl herkommt, ist mir schleierhaft. Niemand weiß zurzeit genau, ob es mehr oder sogar weniger Einnahmen als heute sein werden." Für wahrscheinlich hält der ARD-Chef stabile Einnahmen.

Sachsens Staatskanzleichef Johannes Beermann (CDU) - in den unionsregierten Bundesländern für die Koordination der Medienpolitik zuständig - hält indes weniger Werbung bei den Öffentlich-Rechtlichen für möglich. Beermann stellte in der "Leipziger Volkszeitung" vom Samstag eine Senkung des Werbeanteils in Aussicht, wenn die Abgabe zu unerwarteten Mehreinnahmen führe. Über eventuelle Mehrerlöse zu entscheiden, sei keine Aufgabe der Intendanten. "Aber auch eine Verringerung der Gebühr für den Gebührenzahler ist denkbar."

Laut "Focus" rechnen Gerichte vom Frühjahr an mit ersten Klagen gegen Zahlungsaufforderungen. Der Sprecher des Hamburger Verwaltungsgerichts, Andreas Labiris, sagte den Angaben zufolge, er halte es für "durchaus wahrscheinlich", dass die Frage, ob der neue Rundfunkbeitrag "verfassungskonform" sei, von den Verwaltungsgerichten nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht weitergereicht werde. Nach Informationen des Magazins lassen derzeit einige Handelsketten prüfen, ob eine Klage gegen den Rundfunkbeitrag Aussicht auf Erfolg habe. Unternehmen mit vielen Filialen müssten deutlich mehr zahlen als vor der Gebührenumstellung.

Grundsätzlich muss jeder Haushalt in Deutschland seit 1. Januar 17,98 Euro im Monat Rundfunkbeitrag zahlen. Es gibt aber auch in Zukunft Ausnahmen.

(dpa/pst)
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