Vor Jahrestag des Breitscheidplatz-Anschlags Hinterbliebene schreiben offenen Brief an Ampel-Regierung

Berlin · Die Familien der Opfer fordern die neue Bundesregierung dazu auf, „weitergehende Ermittlungen in Bezug auf die Tat und auf mögliche Mittäter und Drahtzieher" zu veranlassen. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst bat die Angehörigen um Verzeihung.

 Eine Schneise der Verwüstung ist im Dezember 2016 auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz zu sehen, nachdem der Attentäter Anis Amri mit einem Lastwagen über den Platz gerast war.

Eine Schneise der Verwüstung ist im Dezember 2016 auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz zu sehen, nachdem der Attentäter Anis Amri mit einem Lastwagen über den Platz gerast war.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Familien der 13 Opfer des Anschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz vom Dezember 2016 haben sich kurz vor dem fünften Jahrestag der Tat in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) gewandt. Darin kritisieren sie laut einem Bericht des Senders RBB vom Donnerstag, die Sicherheitsbehörden hätten den Anschlag verhindern können und müssen.

Konkret verlangen die Familien einen „würdigen Umgang mit den Betroffenen und Hinterbliebenen des Anschlags sowie dessen umfassende Aufklärung." So fordern sie von der neuen Bundesregierung, „weitergehende Ermittlungen in Bezug auf die Tat und auf mögliche Mittäter und Drahtzieher" zu veranlassen. Bislang seien die Behörden „Spuren zu möglichen Mittätern nicht ausreichend nachgegangen" und es habe „gravierende Fehler in der Strafverfolgung" gegeben.

Ihre Einschätzung begründen die Familien auch mit aktuellen RBB-Recherchen zu dem Anschlag, denen zufolge Bundeskriminalamt und Bundesnachrichtendienst die Ermittlungen zu einem mutmaßlichen Auftraggeber des Anschlags nicht konsequent verfolgt haben.

Dabei soll es sich den Recherchen zufolge um einen irakischstämmigen Funktionär der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) handeln, der den Kampfnamen Abu Bara'a al-Iraqi führe. Ein Hinweis auf diesen Mann lag den deutschen Sicherheitsbehörden demnach bereits zum Jahresende 2016 vor. Er werde weiterhin von irakisch-kurdischen Sicherheitsbehörden als Terrorplaner für IS-Auslandsaktionen gesucht.

Bei dem Anschlag am 19. Dezember 2016 hatte der Attentäter Anis Amri elf Menschen getötet, indem er sie mit einem Lastwagen überfuhr. Zuvor tötete er den polnischen Fahrer des von ihm entwendeten Lastwagens. Vor wenigen Wochen starb außerdem ein Ersthelfer, der aus ungeklärten Gründen schwere Kopfverletzungen erlitten hatte. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bat die Familien der Opfer an diesem Donnerstag mit Blick auf Fehler auch von Behörden seines Bundeslandes um Verzeihung.

(mcv/AFP)
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