Prozessbeginn voraussichtlich Anfang November Anklage gegen Demjanjuk zugelassen

München (RPO). Das Oberlandesgericht in München hat die Klage gegen den mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher John Demjanjuk unverändert zugelassen. Damit kommt er vermutlich in einem Monat vor Gericht. Nach monatelangen Verhandlungen war Demjanjuk im Mai nach Deutschland ausgeliefert worden.

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Foto: AP

Wie das Münchner Oberlandesgericht am Freitag mitteilte, wurde die im Juli erhobene Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den 89-Jährigen unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen. Der Prozess dürfte für weltweites Interesse sorgen.

Der gebürtige Ukrainer Demjanjuk muss sich wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum Mord in 27.900 Fällen vor dem Landgericht München II verantworten. Er soll 1943 für ein halbes Jahr KZ-Wächter im NS-Vernichtungslager Sobibor gewesen sein. Demjanjuk war Anfang Mai nach einem monatelangen juristischen Tauziehen durch alle Instanzen aus seinem langjährigen Aufenthaltsland USA nach Deutschland ausgeliefert worden und sitzt seitdem in der Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim in Untersuchungshaft. Das Gericht ordnete die Fortdauer der U-Haft an.

Wie das Gericht weiter mitteilte, wurden die Termine für die Hauptverhandlung noch nicht bestimmt. Voraussichtlich werde aber Anfang November mit dem Prozess begonnen. Offen ist auch noch, wo das Verfahren stattfindet. Außer dem Münchner Landgericht kommt auch das Gefängnis in Stadelheim dafür in Frage. Demjanjuk gilt wegen seines Alters nur als eingeschränkt prozessfähig. Die Ärzte hatten empfohlen, täglich nur zweimal jeweils eineinhalb Stunden gegen ihn zu verhandeln.

Beihilfe zum Mord in 27.900 Fällen

In Sobibor, das im damals von Deutschland besetzten Polen liegt, wurden im Zweiten Weltkrieg mindestens 250.000 Juden vergast. Während Demjanjuk dort zu den Wachmannschaften zählte, starben mindestens 27.900 Juden, weshalb er wegen Beihilfe zum Mord an diesen angeklagt wurde. Die Juden waren aus den Niederlanden mit Zügen nach Sobibor gebracht worden.

Als gebürtiger Ukrainer war Demjanjuk als Kriegsgefangener zu den Wachmannschaften gekommen. Er gehört zu den so genannten Trawniki-Männern: Dies waren Wachleute, die neben den Deutschen SS-Männern eingesetzt wurden. Sie hießen Trawniki, weil sie in dem gleichnamigen Ort zu Wachleuten ausgebildet wurden.

Demjanjuks Verteidiger bestreiten, dass ihr Mandant in Sobibor Wächter war. Sie argumentieren außerdem, dass, falls er es doch war, er unter einem Befehlsnotstand gestanden hätte. Da er Gefangener war, wäre er erschossen worden, wenn er sich den Befehlen verweigert hätte. Insofern könne er dafür nicht bestraft werden. Dagegen geht die Anklage davon aus, dass Demjanjuk Gelegenheit hatte, sich durch Flucht zu entziehen. Der Fall sorgte bereits im Vorfeld für weltweites Interesse. Im Prozess werden neun Nebenkläger auftreten.

(AFP/awei)
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