Rechtsextremistische Internet-Hetze Angeklagter Axel M. verhöhnt das Gericht

Rostock (RPO). Nur wenige Gesinnungsgenossen kamen zum dritten Verhandlungstag gegen Axel M., den Administrator der rechtsextremistischen Internet-Plattform Altermedia. Während der Verhandlung schüttelte M. mit dem Kopf, zuckte mit den Schultern und kommentierte die Ausführungen des Staatsanwalts.

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Dabei hatte sich der Angeklagte so gut vorbereitet: Er wollte seine krude Weltsicht präsentieren. Seinen angeblichen Kampf für die Presse- und Meinungsfreiheit beschreiben. Schildern, dass er es als "Ehre" empfindet, für seine Überzeugung sich vor der Justiz zu verantworten. Doch dann blieben die meisten Plätze am Montag im Saal der Großen Strafkammer des Landgerichts Rostock frei. Sein Auftritt als selbst ernannter Märtyrer hatte nur wenige Zeugen.

Minuziös zählte Oberstaatsanwalt Andreas Gärtner die 48 Straftaten auf, die dem 47-jährigen M. und dem 30 Jahre alten Mitangeklagten Robert R. zur Last gelegt werden: Sie sollen als Administratoren der Internet-Seite Altermedia Artikel recherchiert und geschrieben sowie Kommentare von anderen Autoren freigeschaltet haben. Das gestanden beide gleich zu Anfang. "Wir wussten, dass dieses Vorgehen strafbar sein würde", hieß es in einer Erklärung, die der Anwalt von Axel M. verlas.

Ausführlich beschrieb Gärtner die strafbaren Inhalte: Kommentare, die den Holocaust leugnen, die NS-Zeit verherrlichen und das Andenken der NS-Opfer verunglimpfen. Juden seien als "Drecksvolk" bezeichnet worden, denen Adolf Hitler "die Leviten gelesen" habe. Muslime seien als "Untermenschen" verächtlich gemacht worden.

Zu Gewalt an Gewerkschaftern sei aufgerufen worden: "Schlagt die Gewerkschaftsbonzen, wo ihr sie trefft!" Sogar einen Aufruf zur Tötung habe es gegeben: gegen Bianca Klose, eine in Berlin tätige Expertin für Rechtsextremismus. Die beiden Angeklagten hätten ein "erschreckendes Maß an Menschenverachtung und auch Gewaltbereitschaft gezeigt", sagte Gärtner.

Kontakt zur rechten Szene beendet

Beide Männer sind einschlägig vorbestraft. Robert R. stand zusätzlich mehrfach wegen Gewalttaten vor Gericht. R., geboren 1980, kam zuletzt im März aus dem Gefängnis. Seitdem arbeitet er als Koch in einer Suppenküche. Seinen Kontakt zur Szene hat er offenbar im Sommer 2010 abgebrochen. Er sei jetzt mehr mit Familienplanung beschäftigt, erklärte er. "Wenn man sich nicht mehr tagtäglich mit Politik beschäftigt, wird sie bedeutungslos", sagte er. Es habe zwar nicht "Klick" gemacht, doch die Politik habe sich "irgendwo verloren".

Auf der Website Altermedia wird R. seitdem regelmäßig angefeindet. Oberstaatsanwalt Gärtner wertet dessen Ausstieg offenbar als glaubwürdig. Vor allem dessen öffentliche Aussage, mit der Szene nichts mehr zu tun zu haben, sei "ihm hoch anzurechnen", betonte Gärtner.

Axel M. war stellvertretender NPD-Kreisvorsitzender

Ganz anders trat Axel M. auf. Er setzte alles daran, seine Verachtung für die Große Strafkammer deutlich zu machen. Während Robert R. die Verhandlung ruhig verfolgte, schüttelte M. mit dem Kopf, zuckte mit den Schultern und kommentierte die Ausführungen des Staatsanwalts - bis der Richter in zurechtwies: "Hören sie auf, hier Faxen zu machen, das ist lächerlich!"

Axel M., geboren 1964, war nicht immer "publizistisch tätig", wie er es nennt. Er machte eine Kellnerlehre und arbeitete in verschiedenen Lokalen, berichtete er. Nach dem Mauerfall sei er "im Zuge der damaligen Wirren versackt" - ein Alkoholproblem. Nach einer Umschulung zum Bürokaufmann arbeitete er in verschiedenen Call Centern. 1992 kam seinen Schilderungen zufolge die Politik dazu, zunächst die DVU, dann die Republikaner. In der NPD brachte er es zum stellvertretenden Kreisvorsitzenden in Stralsund, bis er 2000 aus der Partei austrat. Beim internationalen Netzwerk Altermedia stieg er 2003 ein. Er sei bald zum hauptverantwortlichen Administrator für Deutschland geworden, sagte M.

"Sein Name ist untrennbar mit Altermedia verbunden", beschreibt es der Oberstaatsanwalt. Davon wollte sich M. nicht distanzieren. Für ihn sei die zu erwartende Strafe ein "etwas anderer Pulitzer-Preis", sagte er mit Blick auf die wohl bekannteste journalistische Auszeichnung.

Nach dem Willen des Staatsanwalts soll Axel M. zwei Jahre und sechs Monate hinter Gitter, drei Monate mehr als Robert R. Die Urteile sollen am Mittwoch (26. Oktober) gesprochen werden. Auf Altermedia wird Axel M. schon wieder applaudiert.

(apd)
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