Prozess um ermordeten Jonny K. Angeklagte bestreiten Schuld

Berlin · Mit zwei neuen Schöffen hat der Prozess um die tödliche Prügelattacke gegen den 20-jährigen Berliner Jonny K. am Donnerstag wieder von vorne begonnen. Der Vorsitzende Richter Helmut Schweckendieck hatte das Verfahren am Montag ausgesetzt, weil ein Schöffe nach einem Medienbericht in den Verdacht der Befangenheit geraten war.

Auch in der Neuauflage des Prozesses haben die sechs Angeklagten eine Schuld am Tod bestritten. "Ich möchte ganz deutlich sagen, dass ich mit dem Tod von Jonny nichts zu tun hatte", verlas der 19-jährige Onur U., der als Hauptangeklagter gilt, am Donnerstag selbst seine Erklärung vor dem Berliner Landgericht. "Es lässt mich nicht kalt und ist mir alles andere als egal." Im ersten Prozess hatte er die Erklärung von einem Anwalt vorlesen lassen.

Der erste Prozess war am Montag wegen Befangenheit eines Schöffen geplatzt. Der Tod von Jonny K. hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst.
Laut Anklage war der junge Berliner in der Nacht zum 14. Oktober 2012 in der Nähe des Alexanderplatzes völlig grundlos mit Schlägen und Tritten so heftig angegriffen worden, dass er mit dem Kopf auf das Pflaster stürzte. Der 20-Jährige starb einen Tag später an Gehirnblutungen.

Onur U. soll den Angriff provoziert haben, bei dem auch ein 29 Jahre alter Freund von Jonny K. schwer verletzt wurde. Der frühere Boxer gab eine Serie von Faustschlägen gegen den 29-Jährigen zu. "Ich habe Jonny K. nicht einmal gesehen, das ist die Wahrheit", sagte Onur U.

Vier der sechs Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren müssen wich wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten, die anderen wegen gefährlicher Körperverletzung. Ein 24-jähriger Angeklagter, der Jonny K. noch gegen den Kopf getreten haben soll, als dieser schon reglos am Boden lag, bestritt dies in seiner vom Anwalt verlesenen Erklärung. "Ich habe ihn nur gegen den Fuß getreten und bin sicher, dass er nicht zu Boden ging", so der 24-Jährige. Er war - wie auch Onur U. - zunächst in die Türkei geflohen.

Auch die übrigen Angeklagten gaben eine Beteiligung an der Schlägerei zu, die sie eigenen Angaben nach bedauerten und bereuten.
Für den Tod von Jonny K. übernahmen sie gleichfalls keine Verantwortung. Die Männer, die sich zum Teil vorher nicht kannten, waren auf dem Heimweg aus einem Club am Alexanderplatz, als sie auf Jonny K. und seine drei Freunde trafen. Diese wollten einen betrunkenen Kumpel auf einem Stuhl absetzen. Onur U. soll den Mann vom Stuhl gerissen und damit die Schlägerei ausgelöst haben.

Der erste Prozess war geplatzt, nachdem ein Interview mit dem 58-jährigen Schöffen in der Berliner Zeitung "B.Z." erschienen war.
Jetzt verhandelt das Gericht mit zwei neuen und zusätzlich zwei Ersatzschöffen. Richter Helmut Schweckendieck bat um Disziplin und Verantwortungsbewusstsein. "Der Prozess wird im Saal geführt und nicht in den Medien", betonte der erfahrene Jugendrichter.

Jonnys Schwester Tina K. ist "froh über die jetzt sehr ruhige und entspannte Stimmung" im Gerichtssaal. Freunde hatten ihr berichtet, dass sie im ersten Prozess als Zuhörer von Bekannten der Angeklagten aggressiv und respektlos behandelt worden seien.

(dpa/jco/felt)
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