Pferdefleisch-Skandal weitet sich weiter aus Aldi Süd ruft Bolognese-Nudeln zurück

Mülheim an der Ruhr · Während das Bundesverbraucherministerium in Deutschland bisher 24 Fleischproben positiv auf Pferdefleisch getestet hat, hat der Discounter Aldi Süd im Fleisch-Skandal ein weiteres Nudelgericht vorsorglich aus den Regalen genommen.

Der Aktionsplan von Bund und Ländern im Pferdefleisch-Skandal
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In dem Produkt "Pasta Spezialitäten, 750 g (Sorte Penne Bolognese)" des Lieferanten Copack seien Anteile von Pferdefleisch gefunden worden, teilte Aldi Süd am Dienstag in Mülheim an der Ruhr mit. Es sei in den Filialen der Regionalgesellschaften Bingen, Kirchheim, Geisenfeld, Regenstauf und Helmstadt verkauft worden. Copack bestätigte am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa in Bremen die Funde bei eigenen Tests.

Die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann hat unterdessen bei eigenen Untersuchungen Pferdefleisch in der bereits zurückgerufenen Lasagne ihrer Eigenmarke A&P entdeckt. Die Tests hätten den Verdacht des Lieferanten bestätigt, berichtete die Kette am Dienstag in Mülheim an der Ruhr. Kaiser's Tengelmann hatte das Produkt bereits vor knapp zwei Wochen aus den Regalen genommen. Am Donnerstag vergangener Woche hatte der französische Hersteller Comigel seine Kunden offiziell informiert, dass seine Fertiggerichte Anteile von Pferdefleisch enthalten könnten. Kunden könnten die Lasagne in den Kaiser's- und Tengelmann-Filialen gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben.

Polizei überprüft Nestlè-Standorte in Italien

Und nach dem Fund von Pferdefleisch in Produkten des Lebensmittelkonzerns Nestlé hat die italienische Polizei am Dienstag mehrere Standorte des Unternehmens in Italien überprüft. Die Beamten der Einheit für Lebensmittelsicherheit kontrollierten unter anderem, ob die Vorgaben für interne Kontrollen eingehalten wurden, wie das italienische Gesundheitsministerium mitteilte. Betroffen waren ein Unternehmenssitz in Mailand und eine Fabrik in Modena. Eine Nestlé-Sprecherin sagte dem Fernsehsender Sky TG24, es gebe "überhaupt kein Problem mit Lebensmittelsicherheit". Der Schweizer Konzern hatte zwei tiefgekühlte Nudelprodukte wegen Anteilen von Pferdefleisch in Italien und Spanien vom Markt genommen.

Bundesverbraucherministeriumwird fündig

Bei der Fahndung nach den nicht deklarierten Pferdefleisch-Anteilen in Lebensmitteln sind laut Bundesverbraucherministerium in Deutschland bisher 24 Proben positiv getestet worden. Dies betreffe Fälle in Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, sagte ein Ministeriumssprecher am Dienstag. Dies sei der Zwischenstand nach 360 amtlichen DNA-Analysen in den Ländern, es dürften noch viele weitere Ergebnisse hinzukommen. Für ein breites Bild würden nicht nur Fertiggerichte und Schlachtbetriebe, sondern auch Großküchen wie Kantinen untersucht. Wo im europäischen Skandal Hauptverursacher und Mitverursacher säßen, sei noch nicht zu sagen.

Ein Sprecher des Bundesverbraucherministeriums sagte, es könne noch nicht gesagt werden, wo im europäischen Skandal Hauptverursacher und Mitverursacher säßen. Ermittlungen liefen auch in Großbritannien, Irland, Frankreich und Spanien. Deutschland unterstütze die Anregung der EU-Kommission, die Polizeibehörde Europol einzuschalten.

Angesichts der Ausweitung der Kontrollen sei damit zu rechnen, dass in Deutschland weit mehr als 1000 Tests zusammenkommen, machte der Sprecher deutlich. Die bisher festgestellten positiven Proben beträfen Fälle in Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Von Pferdefleisch-Funden in Großküchen war dem Ministerium zunächst nichts bekannt.

Die Untersuchung der Proben wird sich nach Einschätzung des Verbandes der Lebensmittelkontrolleure Berlin-Brandenburg noch über Wochen hinziehen. "Die fehlenden Laborkapazitäten sind der Knackpunkt", sagte Vorsitzende Jana Weiser.

Kritik an den Konsequenzen

Die in Deutschland angekündigten Konsequenzen stehen weiter in der Kritik. "Bund und Länder wollen viel prüfen, müssen aber anschließend entschieden handeln. Sonst verkommt der Aktionsplan zu einem reinen Prüfplan", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Gerd Billen. Die Verbraucherminister hatten sich am Montag auf mehr Kontrollen und ein Paket gegen Lebensmittelbetrug verständigt. Geprüft werden sollen zudem eine Ausweitung der Meldepflicht für Lebensmittel-Unternehmen bei Verdacht auf Täuschungsfälle sowie höhere Strafen und Geldbußen für Betrüger.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch wandte sich dagegen, Kunden Verantwortung zuzuschieben, die Schnäppchenpreise wollten. "Billig ist nicht das Problem, genauso wenig, wie regional die alleinige Lösung ist. Industrie und manche Politiker zetteln hier eine verlogene Debatte an, um von eigenen Versäumnissen abzulenken", sagte der stellvertretende Foodwatch-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) mahnte die Verantwortung aller Beteiligter in der Lebensmittelkette an. Auch der Handel dürfe sich nicht wegducken, sagte sie nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion.

Bei klarer Kennzeichnung würden laut einer Umfrage 42 Prozent der deutschen Verbraucher Pferdefleisch kaufen. Bei 45 Prozent kommt Pferdefleisch dagegen nicht auf den Tisch, wie eine am Umfrage der Forschungsinstituts YouGov für die Kommunikationsberatung Ketchum Pleon ergab. Befragt wurden den Angaben zufolge 1021 Menschen

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(dpa/felt)
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