Engagement im dritten Lebensalter 10.000 Senioren-Experten ins Ausland geschickt

Von Christoph Arens · Sie führen Solarkochtechnik in Kenia ein, unterstützen ein Hygieneprogramm in der Mongolei, machen neue Brotsorten in Georgien bekannt, helfen bei der Klärung von Abwässern in China oder qualifizieren Mitarbeiter einer Schreinerwerkstatt in Burma. In aller Welt zeigen die Mitarbeiter des in Bonn ansässigen Senior-Experten-Services (SES), dass sie noch nicht zum alten Eisen gehören.

Und die Bereitschaft zum Engagement nimmt zu: Mit 2.506 Einsätzen in 90 Ländern verzeichnete der 1983 gegründete SES 2011 das beste Ergebnis seiner Geschichte. Die von der Deutschen Wirtschaft und dem Entwicklungsministerium geförderte Organisation hat bislang über 25.000 Einsätze in mehr als 160 Ländern verwirklichen können. Am Dienstag entsandte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) den zehntausendsten Freiwilligen ins Ausland.

Der 65-jährige Ulrich Mang ist gelernter Maschinenschlosser und war zuletzt als Qualitätsbeauftragter eines mittelständischen Unternehmens aus Göppingen tätig. Er ist seit dem 1. Dezember 2011 im Ruhestand. Vom 1. September bis 13. Oktober soll er in Mexiko als Maschinenschlosser in einer metallverarbeitenden Firma mit 14 Beschäftigten zum Einsatz kommen.

Doch nicht nur beim SES engagieren sich Senioren. Auch beim neu gestalteten Bundesfreiwilligendienst haben auf Anhieb im ersten Jahr 301 Frauen und 517 Männer über 65 eine der begehrten Stellen erhalten. An deutschen Hochschulen tummeln sich ebenfalls immer mehr Ältere - nicht immer zur Freude der jungen Studenten: Von den insgesamt 38.600 Gasthörern im Wintersemester 2010/2011 waren 49 Prozent oder 18.800 älter als 60 Jahre. Das war ein Plus von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Solche Zahlen sind ganz im Sinne von Ursula Lehr. Die frühere Bundesfamilienministerin und Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) verkörpert mit 82 Jahren den Typus der "jungen Alten" schlechthin. Sie beklagt, das Alter werde noch zu häufig mit Krankheit, Hilfsbedürftigkeit und Starrsinn gleichgesetzt. Notwendig seien positivere Altersbilder, die die Menschen zum Leben und zum Engagement ermutigten.

"Es gilt, dem Leben nicht nur Jahre zu geben, sondern den Jahren Leben zu geben", wirbt die Altersforscherin auch für eine veränderte Lebenseinstellung der Senioren. Und die Bremer Psychologieprofessorin Ursula Staudinger mahnt, jeder Mensch solle sich darüber klar werden, dass ihm ein längeres Leben zur Verfügung steht. "Wenn es uns allerdings nicht gelingt, die verlängerte Lebenserwartung mit Qualität zu füllen, dann sieht es düster aus."

Fest steht, dass die Menschen in Deutschland immer länger leben. Frauen werden durchschnittlich gut 82 Jahre alt, Männer leben 77,5 Jahre - Tendenz weiter steigend. Wegen der gewonnenen Lebenszeit sprechen Altersforscher inzwischen von einem Drittem und Vierten Lebensalter nach dem Berufsleben.

"Ältere Menschen stellen ein wertvolles, oft übersehenes Kapital für unsere Gesellschaften dar", so postuliert es auch die EU-Kommission, die deshalb das Jahr 2012 zum "Europäischen Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen" ausgerufen hat. Ziel der Initiative ist es, dass ältere Menschen länger im Erwerbsleben bleiben und ihre Erfahrungen weitergeben können. Zudem sollen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Menschen über 65 sich weiter aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligen und ein möglichst gesundes und erfülltes Leben leben. Die Teilnehmer am SES sind dafür ein gutes Beispiel.

(KNA)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort