Schreiber beschuldigt CSU 1,4 Millionen Mark mit Namen von Toten

Augsburg (RPO). Der Vorwurf von Ex-Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber in Richtung der CSU klingt spektakulär: Rund 1,4 Millionen D-Mark soll die Partei 1991 von ihm an illegalen Parteispenden aus Schmiergeldern erhalten haben. Als offizielle Spender seien die Namen von Toten benutzt worden.

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Foto: ddp

Das ließ der hauptsächlich wegen Steuerhinterziehung angeklagte 75-Jährige am Mittwoch vor dem Landgericht Augsburg seine Anwälte erklären. Der inzwischen verstorbene CSU-Schatzmeister Franz Josef Dannecker habe die Gelder damals gestückelt und als offizielle Spender die Namen von Verstorbenen benutzt.

Schreiber hat damit seine vom früheren Exil in Kanada aus erhobenen Drohungen wahr gemacht und für einen gewaltigen politischen Aufschlag gesorgt. Der Chef der Augsburger Staatsanwaltschaft, Reinhard Nemetz, reagierte jedoch gelassen: "Interessanterweise ist der einzige Zeuge wieder mal ein Toter", sagte Nemetz am Rande des zweiten Verhandlungstags. Ob sich die Aussagen beweisen lassen, sei somit sehr fraglich. "Wir haben nicht die Gelegenheit diesen Verstorbenen zu befragen."

"Ein beträchtlicher Teil an die CSU"

Schreibers Verteidiger Jens Bosbach trug die persönliche Erklärung Schreibers dem Gericht vor. Der Angeklagte selbst lauschte schweigend. Im Zusammenhang mit der Vermittlung von Fuchs-Spürpanzern aus Bundeswehrbeständen nach Saudi-Arabien seien insgesamt 200 Millionen D-Mark an "Schmiergeldern" gezahlt worden, behauptet Schreiber.

24 Millionen D-Mark davon seien kurzzeitig auf Konten gelandet, die nur "formell" ihm gehörten. Mit dem Geld seien dann "politische Parteien in Deutschland und einzelne Politiker" bedacht worden. "Ein beträchtlicher Teil ist an die CSU geflossen", sagte Bosbach.

Mit der Bearbeitung solch "sensibler", weil illegaler Spenden sei 1991 CSU-Schatzmeister Dannecker betraut gewesen. Schreiber ließ erklären, seines Wissens nach habe Dannecker Todesanzeigen aus Zeitungen herausgesucht und diesen Personen die Parteispenden zugeschrieben. "Ganz einfach deshalb, weil man Tote nicht mehr fragen kann", sagte Bosbach. Bereits 1980 sei Dannecker mit einer CSU-Spende Schreibers über 100 000 D-Mark genauso verfahren.

Franz Josef Strauß soll Konto gekannt haben

Die Gelder aus dem Panzergeschäft seien Dannecker teils in bar übergeben und teils auf ein Schweizer Nummernkonto eingezahlt worden. Es ging laut Schreiber um Einzelbeträge in Höhe von 430.000, 50.000, 100.000 und 500.000 D-Mark sowie um 300.000 Schweizer Franken. "Bei dem Nummernkonto hat es sich nach meiner Einschätzung um das inoffizielle Konto der CSU gehandelt", heißt es in der Erklärung des Angeklagten. Auch der frühere CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß habe von dem Konto gewusst, behauptet Schreiber.

Dass im Zusammenhang mit dem Panzer-Geschäft Schmiergelder flossen, ist keine Überraschung. Der damalige Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls wurde für die Annahme von 3,8 Millionen Mark von Schreiber bereits 2005 in Augsburg zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Der geständige frühere Geschäftspartner Schreibers gilt als einer der wichtigsten Zeugen der Anklage im aktuellen Prozess.

Für Schreiber waren Schmiergeldzahlungen normales Geschäftsgebaren. Sein Bestechungssystem hatte er einmal als politische "Landschaftspflege" bezeichnet. Der ehemalige CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep räumte im November 1991 eine Spende Schreibers über eine Million D-Mark ein. 100.000 D-Mark erhielt von Schreiber zudem der heutige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und leitete sie an seine Partei weiter. Im Zuge der Affäre trat Schäuble später vom Partei- und Fraktionsvorsitz zurück.

"Politische Brisanz"

Der Augsburger Gerichtssprecher Karl-Heinz Haeusler kennt natürlich diese Vorgänge und will auch die "politische Brisanz" der neuen Anschuldigungen Schreibers in Richtung CSU nicht bestreiten, "man muss aber sehr sorgfältig in diesem Verfahren zwischen politischer Brisanz und juristischer und verfahrensrechtlicher Relevanz unterscheiden", mahnte Haeusler.

Vergeblich forderte der Vorsitzende Richter Rudolf Weigell den Angeklagten Schreiber auf, endlich persönlich auszusagen und sich auch Nachfragen zu stellen. Auf Anraten seiner Verteidiger weigert sich der 75-jährige Angeklagte bislang. Die Anwälte kündigten lediglich an, dass Schreiber dies wohl zu einem späteren Zeitpunkt tun werde.

(DDP/csr)
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