Phoenix Deutsche Todeskandidatin will US-Justiz verklagen

Phoenix · Nach 25 Jahren in Haft wurde die Berlinerin Debra Milke in den USA freigesprochen. Sie sieht sich als Opfer eines Justizirrtums.

Die ehemalige Todeskandidatin und gebürtige Berlinerin Debra Milke hat die US-Justiz nach der Einstellung ihres Mordprozesses kritisiert. "Ich hätte nicht gedacht, dass es 25 Jahre, drei Monate und 14 Tage dauern würde, um solch einen eklatanten Fehlschlag der Justiz zu beheben", sagte die 51-Jährige in Phoenix. "Wir als US-Bürger, die unter derselben Verfassung leben, verdienen Gerechtigkeit." Milke hatte 24 Jahre im Gefängnis gesessen - davon 22 Jahre im Todestrakt - und war 2013 gegen Auflagen freigekommen. Zugleich richtete sich Milke an die, die bis heute an ihrer Unschuld zweifeln. Mit ihrem vierjährigen Sohn habe sie 1989 die "größte Freude in ihrem Leben" verloren und sei in einer "verheerenden Tragödie" dann noch dieses Mordes bezichtigt worden. "Versucht, euch das vorzustellen, während einige von euch dort sitzen und über mich richten wollen", sagte Milke unter Tränen. Die Medien hätten sie als "dämonische Frau" dargestellt, die ihr Kind getötet habe, sagte ihr Anwalt Michael Kimerer. Der Polizist Armando Saldate hatte bei der Verurteilung 1991 als einziger Belastungszeuge ausgesagt, Milke habe ihm die Tat gestanden. Er konnte das weder mit Notizen noch mit der vorgeschriebenen Tonband-Aufnahme belegen.

Es habe keine Beweise gegen Milke gegeben außer dem "sogenannten Geständnis eines dreckigen Bullen", sagte Kimerer. Saldate sei eines der "widerwärtigsten Wesen", die ihm je begegnet seien. "Sie fiel in die Klauen eines unehrlichen, manipulativen Ermittlers", sagte Anwältin Lori Voelpel. Nächtelang hatten die Anwälte im Büro des Gerichtsschreibers in Arizona verbracht und Dokumente im Kleinbildformat durchforstet. Erst Jahre nach Milkes Verurteilung stellte sich heraus, dass Saldate in anderen Fällen als Lügner und sogar eines Meineides überführt wurde. "Es gab kein Internet, es gab keine elektronisch zugänglichen Akten", sagte Voelpel. "Es hätte nicht so lange dauern sollen." Milkes Anwalt Klimerer verglich die Justizsaga mit dem griechischen Mythos des Sisyphos, der als Strafe unablässig einen Felsbrocken einen Berg hinauf wälzt, der aber jedes Mal aufs Neue herunterrollt. Die Anwälte streben nun eine Zivilklage an, die Debra Milke Schadenersatz in Millionenhöhe einbringen könnte.

Die in Berlin geborene und in den USA aufgewachsene Tochter eines Amerikaners und einer Deutschen war dafür verurteilt worden, zwei Männer zu dem Mord angestiftet zu haben. 2013 kam sie frei, musste aber eine elektronische Fußfessel tragen und unterlag einer nächtlichen Ausgangssperre. Am Montag hatte ein Gericht entschieden, das Verfahren endgültig einzustellen. Die verurteilten Männer erhielten die Todesstrafe und sind in Haft.

(dpa)
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