Paul Bocuse hat Geburtstag Der Meister der "nouvelle cuisine" wird 75

Frankfurt/Main (AP). Er selbst schwingt den Kochlöffel nur noch selten. Doch noch will er das Feld nicht den Jüngeren überlassen. "Man sollte die Jungen nicht drängen", sagt der französische Spitzenkoch Paul Bocuse, der am 11. Februar 75 Jahre alt wird. Wie kein zweiter hat "Monsieur Paul" in den 60er und 70er Jahren die Kochkunst in Frankreich revolutioniert. "Nouvelle cuisine" - leichte Gerichte aus frischen Zutaten vom Markt - hieß das Zauberwort. Inzwischen hat sich Bocuse wieder stärker der traditionellen Küche zugewandt.

Sein Beruf wurde Bocuse schon in die Wiege gelegt. Er wurde 1926 in Collonges-au-Mont-d'or bei Lyon als Sohn einer Familie geboren, die seit 1765 in der Gastronomie tätig ist. Während des Krieges begann er seine Ausbildung im Restaurant von Claude Maret in Lyon. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt zu organisieren. Damals, so scherzen Freunde noch heute, lernte er es, stets das Beste für die Küche zu ergattern.

Nach dem Krieg setzte Bocuse seine Ausbildung fort und arbeitete unter anderem sechs Jahre lang bei dem Koch Fernand Point in Vienne bei Lyon. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er den Familienbetrieb und baute ihn komplett um. Bereits 1961 erhielt er den ersten "Michelin"-Stern, 1965 hatte er alle drei - und damit die höchste Auszeichnung, die ein Küchenchef bekommen kann.

Bereits kurz zuvor war es ihm gelungen, den Namen "Paul Bocuse" wieder zu erwerben, den sein Großvater 1921 aus finanziellen Gründen verkauft hatte. Dies ermöglichte dem geschäftstüchtigen Spitzenkoch, seine Produkte auch über das Restaurant "L'Auberge Paul Bocuse" hinaus zu vermarkten. Er baute sich einen kleinen Konzern auf mit Gaststätten, Feinkostgeschäften und Tiefkühlprodukten in und außerhalb Frankreichs. Außerdem veröffentlichte er mehrere Kochbücher.

Er suchte Kontakt zu anderen Spitzenköchen

Als einer der ersten Küchenchefs erkannte er, welche Bedeutung Service und Ambiente beim Genießen haben. "Das große Restaurant ist ein Theater", pflegt er zu sagen. Seine Gäste verwöhnte er mit ungewöhnlichen Speisekombinationen - dekorativ auf dem Teller hergerichtet. Er machte Schluss mit deftiger, fettreicher Küche und bot statt dessen leichte, frische Kost mit viel Gemüse und Kräutern an. Die Gäste dankten es ihm auf ihre Art: Noch immer geben sich Politiker, Künstler, Schauspieler und Musiker in der "Auberge Paul Bocuse" die Klinke in die Hand.

Bocuse brach auch mit einer weiteren Tradition: Er suchte den Kontakt zu anderen Spitzenköchen und tauschte mit ihnen Rezepte aus. Die Küchenchefs schlossen sich zur "Bande a Bocuse" zusammen und machten die "nouvelle cuisine" bekannt. 1987 rief Bocuse den Kochwettbewerb "Bocuse d'Or" ins Leben, der jährlich stattfindet - die Gewinner erhalten eine kleine Figur des französischen Künstlers Cesar, einem guten Freund des Spitzenkochs, der auch Vorsitzender der europäischen Köchevereinigung Euro-Toques ist.

Damit der Stammbetrieb in Lyon angesichts der vielen Aktivitäten des Küchenchefs nicht zu kurz kommt, übernahm Ehefrau Raymonde dort die Geschäfte. Sohn Jerome soll den Betrieb einmal erben. Doch Bocuse will sich noch lange nicht zur Ruhe setzen. Er werde kochen, bis er 90 sei, hat der "Koch des Jahrhunderts" (Gault-Millau) angekündigt.

(RPO Archiv)
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