Köln Der Jecken neue Kleider

Köln · Beim Kostümflohmarkt im Kölner E-Werk gibt es vieles schon für kleines Geld und garantiert nichts von der Stange.

Der "Lappenclown" hat Frank Reibold sofort überzeugt. Er richte sich beim Kostümkauf immer nach seiner Feierlaune, sagt der Kölner. Dieses Jahr aber scheint die Vorfreude auf Karneval besonders groß: Für Hut und Clownskostüm im Patchwork-Stil zahlt der 48-Jährige beim Kostümflohmarkt im Kölner E-Werk 135 Euro. Der Preis fällt etwas aus der Reihe, denn viele Stücke kosten dort nur wenige Euro. "Doch ich wollte ein hochwertiges Kostüm kaufen", sagt Frank Reibold. Und auch die gibt es dort in Fülle.

Zum Kostümflohmarkt in der Veranstaltungshalle im Mülheimer Industriegebiet kommen Jecke, die ein besonderes oder sogar einzigartiges Kostüm suchen. Nur nichts von der Stange lautet das Credo. Das Besondere am "Lappenclown" etwa ist nicht nur die Handarbeit, sondern das Label: Die flatternden Stoffstücke werden in Guinea von Schneidereien zu fairen Bedingungen genäht. Das garantiert das Projekt "Labeminsch." Die Hälfte des Erlöses gehe an die Familien der Näherinnen, sagt die Initiatorin des Flohmarkts, Martina Klinke. Von den 55 Euro könne eine Familie in der westafrikanischen Stadt Labé bis zu einem Jahr leben, erzählt die Kölnerin. Von der anderen Hälfte werde ein SOS-Kinderdorf in der Stadt unterstützt.

Der Kölner Kostümflohmarkt war auch beim 18. Mal gut besucht. "Die Nachfrage ist jedes Jahr da", sagt Initiatorin Doro Engelhaaf. Dabei sind die Kölner ihren Karnevalskollegen in Düsseldorf diesen Schritt voraus: "Hier ist uns kein solcher Trödelmarkt für Kostüme bekannt", sagt eine Sprecherin vom Düsseldorfer Karnevalskomitee.

In Köln finden weitere Kostümmärkte in der Kneipe "Lotta" (17. Januar, ab 14 Uhr), in der Lutherkirche (22., 17-21 Uhr sowie am 23. und 30. Januar, 11-16 Uhr) und im Engelshof (24. Januar, 11-17 Uhr) statt. Einige Theater verkaufen Kostüme aus ihrem Bestand, so auch das Düsseldorfer Schauspielhaus. Historische Kreationen kann man aber etwa bei der Kölner Kostümwerkstatt oder der Kostümtruhe leihen. Das Stöbern lohnt auch auf http://fundusnet.com, einer Onlinebörse für Theaterausstattung. Im Internet gibt es außerdem auf Kleiderbörsen wie kleiderkreisel.de oder zum-flohmarkt.de spezielle Kategorien für Kostüme.

Das Kölner Konzept überzeugt sogar eine gebürtige Hamburgerin, die von sich selbst sagt, nur langsam mit der rheinischen Tradition warm zu werden. Zwischen den vielen Kleiderstangen hat sie ein grünes Burgfräulein-Kostüm erspäht und nicht lange gezögert hineinzuschlüpfen. Mit Spitzhut und Schleier zahlt Ariane Meier zu Ahle 50 Euro für das grüne Samtkleid, das sie für eine Nacht zur Burgdame machen soll. Barbara Muders aus Burscheid ersteht eine weitere Rarität: Ihr bauchiger Weinkönig ist ein ausrangiertes Stück der Kölner "Stunksitzung", das sie für nur 30 Euro kaufen konnte. Sie habe dabei ein wenig "nachverhandelt", räumt sie ein. Mit diesem Kostüm könne sie in den jecken Tagen eine "Bauchlänge" Abstand halten, scherzt die Burscheiderin in Anspielung auf den heftig kritisierten Ratschlag der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, an Karneval eine Armlänge Abstand zu Fremden zu halten.

Über die vielen Kostüme, die eigens für die kabarettistische "Stunksitzung" genäht wurden, entstand die Idee zum Kostümflohmarkt. Das Konzept sei ebenso politisch wie die Sitzung selbst, sagen die Initiatorinnen. "So tolle Kostüme kann man nicht wegschmeißen", heißt es. Dabei gehe es ebenso um Nachhaltigkeit wie um die Lust, sich zu verkleiden und in andere Rollen zu schlüpfen. Auch die Initiatorinnen stehen bei der Kölner "Stunksitzung" gemeinsam auf der Bühne.

Dieser Jahr sei ein Accessoire ganz stark im Kommen: die Narrenkappe. Barbara Theisen näht ein paar besonders schöne Exemplare. Die haben dann aber auch ihren Preis: 100 Euro pro Stück Handarbeit der ehemaligen Lehrerin, die im Ruhestand ihr Label "Kokolores"gegründet hat. Aber genau diese Wertigkeit und das Gefühl, einen kleinen Schatz ergattert zu haben, locke die Besucher zum Kostümtrödel, meint Initiatorin Doro Egelhaaf. Was man in den Läden kaufen könne, das sei leider oft billig gemacht.

(RP)
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