Zukunftsforscher: Grundlegender Wertewandel zeichnet sich ab Den Deutschen sind Freunde wichtiger als Familie

Hamburg (dpa). Der Freundeskreis hat nach Ansicht des Hamburger Zukunftsforschers Horst Opaschowski der Familie als Lebensmittelpunkt der Deutschen den Rang abgelaufen. Der Wertewandel sei grundlegend, berichtet Opaschowski in der einer jetzt vorgelegten Studie "Deutschland 2010 - Wie wir morgen arbeiten und leben" des Freizeit Forschungsinstituts der British American Tobacco (BAT)..

Angesichts eines rauher werdenden sozialen Klimas werde es einen Themenwechsel weg von der Wohlstandssteigerung hin zu sozialer Sicherheit geben, prophezeit Opaschowski in einem am Sonnabend in Hamburg veröffentlichten Papier, das die wichtigsten Thesen seines 360 Seiten umfassenden Buches widergibt.

Nicht Ladenschluss und Sonntagsöffnung werden nach seiner Ansicht künftig die beherrschenden Themen sein. "Im Zentrum der gesellschaftlichen Diskussion steht dann mehr soziales Wohlbefinden als Wohlstandssteigerung, mehr Rentensicherung als Friedenssicherung, mehr Kriminalitätsbekämpfung als Bekämpfung der Umweltproblematik." Der Stimmungswechsel in der Bevölkerung weist nach Opaschowskis Ansicht die Politik auf einen neuen Handlungsbedarf hin.

In der Arbeitswelt werde sich der Leistungsdruck weiter erhöhen, schreibt Opaschowski. Die Produktivitätssteigerung bewirke, dass immer weniger Mitarbeiter immer mehr leisten müssten.

Kritisch setzt sich der Zukunftsforscher auch mit der Entwicklung der Medien auseinander. Bis zum Jahr 2010 werde es eine weitere Medienrevolution geben. Informations-, Unterhaltungs- und Kommunikationstechnologien wachsen nach Opaschowskis Meinung zusammen. Die vorausgesagte Wissensgesellschaft werde es aber deshalb nicht geben. "Die Zukunft gehört eher einer Infotainmentgesellschaft, die für die Verarbeitung von Information und Erfahrung kaum noch Zeit hat. Die Eventkultur verdrängt zunehmend die Wissenskultur."

Im Sportbereich fällt Opaschowskis Blick ebenfalls negativ aus: "Deutschland ist kein Sportland mehr", stellt er fest. Der Anteil der Aktivsportler, die wenigstens einmal in der Woche Sport treiben, ist demnach in der Schweiz mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. Vor allem die 14- bis 17-Jährigen verlassen nach Opaschowskis Angaben "fast fluchtartigt" die Sportvereine. In Zukunft drohe eher eine Vergreisung der Vereine als eine Zunahme der Sportaktivitäten.

Insgesamt sagt der Zukunftsforscher mehr Individualisierung und weniger Organisierung in der deutschen Gesellschaft voraus. Im Jahr 2010 wird demnach die Mehrheit der Deutschen "freiwillig" keine Organisationsbindung mehr eingehen. Gewerkschaften, Parteien und auch kirchliche Vereine werden am meisten betroffen sein, meint Opaschowski.

(RPO Archiv)
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