Kampf gegen Corona Wie Taiwan das Virus ohne Lockdown kontrolliert

Düsseldorf · Während sich Deutschland durch den nächsten Lockdown quält, kommt Taiwan völlig ohne aus. Digitalministerin Audrey Tang erklärt nun, was der Inselstaat anders macht.

 Taiwans Pemierminister Su Tseng-chang bei seiner Impfung mit dem AstraZeneca-Vakzin.

Taiwans Pemierminister Su Tseng-chang bei seiner Impfung mit dem AstraZeneca-Vakzin.

Foto: dpa/Uncredited

Die Corona-Fallzahlen in Deutschland steigen. Seit Tagen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz im Land über der Marke der 100 Infizierten pro 100.000 Personen. Doch während hierzulande eine weitere Verschärfung der Lockdown-Regeln über Ostern angekündigt ist, kommt Taiwan beinahe unbeschadet durch die Krise - und zwar ohne Lockdown. Wie das gelingt, ist trotz der ungleich günstigeren Grundvoraussetzungen – Taiwan ist ein Inselstaat knapp 200 Kilometer vor der Küste Chinas – spannend.

Seit Beginn der Corona-Epidemie hat die Nation gerade einmal 1006 vermeldete Coronafälle und 10 Tote, aktuell im Krankenhaus behandelt werden nur 33 Menschen (Stand 22. März 2021). In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ [kostenpflichtiger Inhalt] hat Taiwans Digitalministerin Audrey Tang jüngst erklärt, was Taiwan anders macht. „Im Grunde haben wir schon 2004 reagiert“, sagt Tang. „Damals war die Erinnerung an die Sars-Epidemie in Taiwan noch frisch, und das Parlament beschloss den Communicable Disease Control Act.“ Während der Sars-Epidemie habe Taiwan große Probleme mit der Kommunikation gehabt. Mit dem Gesetz führte eine neue Krisenzentrum aufgebaut, das im Pandemie-Fall die Kommunikation übernimmt und mit dem alle Ministerien kooperieren müssen – das „Central Epidemic Command Center“.

Das Rückgrat der taiwanesischen Pandemiebekämpfung ist eine strikte 14-tägige Quarantäne nach Einreise in das Land. Was in Deutschland schon mehrmals in der Diskussion stand und bisher nur für Reisende aus Risikoländern gilt, ist in Taiwan seit Beginn der Pandemie Alltag. Wer sich in Quarantäne begibt, steht vor der Wahl: Entweder 14 Tage im Hotel, in der privaten Wohnung oder in einem Quarantänezentrum zu bleiben, erklärt Tang im Interview. Als Dank für die Kooperation erhält jede Person im Anschluss 30 Euro pro Tag.

Grundlage für diese Quarantäne sei der sogenannte „digitale Zaun“: Wer sich in Quarantäne begibt, muss seine Telefonnummer angeben. In Zusammenarbeit mit den Telekommunikationsanbietern wird damit der Standort des Mobiltelefons überwacht. „Wenn jemand während der Quarantäne sein Haus verlässt, gibt es erst eine SMS an die Person selbst, die sie daran erinnert, zurückzugehen, und dann eine SMS an lokale Beamte, die nachschauen, ob die Person in Quarantäne ist“, sagt die Digitalministerin. Finden die Beamten niemanden vor, verständigen sie die Polizei. Wenn keine digitale Überwachung gewünscht ist, könne sich die Person zur Quarantäne auch in einen „zentral angelegten Quarantäneort“ begeben, „in dem sie physisch daran gehindert wird, wegzulaufen“, sagt Tang.

Dass die Impfkampagne in Taiwan erst an diesem Montag begann, sorgt kaum für Kritik; schließlich ist der Handlungsdruck sehr viel geringer als im Rest der Welt.

Fest steht für die Ministerin, dass es eine weitere Pandemie geben wird. „Wir wissen nicht, ob es nächstes Jahr sein wird oder in zehn Jahren, aber es wird sicher ein Sars 3.0 geben“, so Tang im Interview. Sicher sei sie sich auch, dass Deutschland nach der „Auslöschung von Covid-19“ gründlich „alle Institutionen und Gesetze“ darauf überprüfen werde, ob mit ihnen eine „vernünftige Bekämpfung der nächsten Pandemie“ möglich sei.

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