Totimpfstoff-Hersteller Valneva „Wir sind leider spät, aber hoffentlich nicht zu spät“

Wien · Derzeit laufen unter anderem in der EU und in Großbritannien Zulassungsverfahren, für die Valneva bis spätestens Ende März grünes Licht erwartet. Der Totimpfstoff des Konzerns weckt offenbar auch bei manchen Impfstoffskeptikern Interesse.

 Valneva wäre der erste inaktivierte Ganzvirus-Impfstoff gegen Covid-19 in Europa.

Valneva wäre der erste inaktivierte Ganzvirus-Impfstoff gegen Covid-19 in Europa.

Foto: Valneva

Der französisch-österreichische Biotechkonzern Valneva will mit einer baldigen Zulassung seines Totimpfstoffes noch eine wesentliche Rolle im Kampf gegen die Corona-Pandemie spielen. „Wir sind leider spät, aber hoffentlich nicht zu spät", sagte Vorstandschef Thomas Lingelbach am Donnerstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Derzeit würden in der EU, in Großbritannien und in Bahrain gleichzeitig Zulassungsverfahren laufen, für die man allesamt bis spätestens Ende März grünes Licht erwartet.

Valneva wäre der erste inaktivierte Ganzvirus-Impfstoff gegen Covid-19 in Europa. Der Impfstoff weckt offenbar auch bei manchen Impfstoffskeptikern Interesse. Basis des Valneva-Vakzins ist das Virus in seiner natürlichen Form, das chemisch inaktiviert wird und sich im Körper der Geimpften nicht vermehren kann. Der Körper reagiert beim Kontakt mit derselben Immunantwort wie beim aktiven Coronavirus und bildet Antikörper. Damit nutzt er eine ähnliche Technologie wie klassische Grippe-Impfstoffe und kann in normalen Kühlschränken gelagert werden. Im Oktober hatte Valneva „positive" erste Ergebnisse aus der klinischen Phase-3-Studie mit dem Impfstoff bekannt gegeben. Das Mittel sei wirksamer als der AstraZeneca-Impfstoff und gut verträglich, hieß es.

Der erste Schritt sei nun die Zulassung des Impfstoffes als Erstimpfung. Kurz danach rechnet der Valneva-Chef auch mit der Genehmigung für die Booster-Impfung. Am Donnerstag hatte der Konzern erste Ergebnisse veröffentlich, wonach der Totimpfstoff als Booster für eine bereits vorherige Impfung mit demselben Vakzin geeignet sei. „Erste Ergebnisse bestätigen, dass VLA2001 die Immunität der Teilnehmer, die VLA2001 as Grundimmunisierung erhielten, deutlich verstärke", teilte der Konzern mit. Der nächste Schritt wären Auffrischungsimpfungen für diejenigen, die zuvor etwa mit dem neuartigen mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft wurden. „Es gibt viele Menschen, die wollen sich im Moment nicht mit der neuen Technologie impfen lassen", sagte Lingelbach. Andere hätten nach den ersten zwei Impfungen signifikante Nebenwirkungen gehabt und seien nun skeptisch. „Wenn es uns gelingen würde, in dem einen oder anderen Land eine um ein, zwei oder drei Prozentpunkte höhere Durchimpfungsrate zu erreichen, dann haben wir unseren Job gemacht". Auf den Totimpfstoff zu warten, empfiehlt der Valneva-Chef jedoch nicht.

Derzeit sei Valneva mit einigen Ländern in Gesprächen über weitere Lieferverträge. Nach dem Scheitern des Lieferabkommens mit Großbritannien, das ein schwerer Rückschlag für den Konzern war, wurden Vorabkaufverträge mit der EU von bis zu 60 Millionen Dosen sowie eine kleinere Liefermenge mit Bahrain vereinbart. „Wir sind mit einigen Ländern in Kontakt zu ähnlichen Vereinbarungen, die wir bereits abgeschlossen haben", sagte Lingelbach. Es sei aber noch zu früh, diese Länder zu nennen, fügte er an.

Die Produktionskapazität für das kommende Jahr bezifferte der Manager mit rund 100 Millionen Dosen. Produziert werde an mehreren Standorten, darunter Livingston in Schottland. Anschließend komme der Impfstoff ins schwedische Solna, wo er abgefüllt und verpackt werde. Die deutsche IDT Biologika sei zudem Ende letzten Monats als Lohnhersteller gewonnen worden. In Wien hat Valneva seinen zentralen Forschungs- und Entwicklungsstandort für seinen Impfstoffkandidaten. Allein in Schottland könnten die Kapazitäten auf 200 Millionen Dosen hochgefahren werden, sagte Lingelbach. Großbritannien sei zwar vom Liefervertrag abgesprungen, finanziere aber einen signifikanten Anteil der Impfstoff-Entwicklungskosten von über einer halben Milliarde Euro.

Ein weiteres Ziel von Valneva sei es, dass der Impfstoff auch für Kleinkinder zugelassen werde. Derzeit gebe es Studien für 12- bis 17-Jährige. Anfang nächsten Jahres soll es auch Studien für Kinder ab drei Jahren oder ab fünf Jahren geben. „Das diskutieren wir gerade mit den Behörden", sagte Lingelbach. Aus seiner Sicht gibt es keinen Grund, den Impfstoff nicht für Kleinkinder zu entwickeln.

(mcv/rtr)
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