Ergebnisse einer Studie Welche langfristigen Folgen eine Corona-Infektion für die Psyche hat

Berlin · Laut Forscher der Universität Duisburg-Essen leidet jeder Vierte sehr schwer an Corona Erkrankte nach der Infektion an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie äußert sich in „Flashbacks“. Was die Forscher noch herausfanden.

 Eine medizinische Mitarbeiterin untersucht einen Patienten, der an Covid-19 erkrankt ist, auf einer Intensivstation (Symbolbild).

Eine medizinische Mitarbeiterin untersucht einen Patienten, der an Covid-19 erkrankt ist, auf einer Intensivstation (Symbolbild).

Foto: dpa/Jefferson Bernardes

Ein Viertel der sehr schwer an Covid-19 Erkrankten entwickelt später eine posttraumatische Belastungsstörung. Das ergab eine Studie der Universität Duisburg-Essen, für die von April 2020 bis März 2021 mehr als 30.000 Menschen untersucht wurden, wie anlässlich des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Mittwoch in Berlin mitgeteilt wurde. Demnach stieg bei diesen Menschen, die auf der Intensivstation behandelt wurden, im Schnitt am hundertsten Tag nach ihrer Entlassung die Traumasymptomatik an.

Das massiv bedrohliche Erlebnis, keine Luft mehr zu bekommen, löse bei diesen Patienten im Nachgang sogenannte Intrusionen aus, erklärte Martin Teufel, der als Direktor der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie der LVR-Kliniken Essen die Studie leitete. Diese Intrusion äußere sich „wie ein Flashback, mit einem plötzlich einschießenden massiven Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins, des Erlebens von Kontrollverlust“.

Die einschneidende Erfahrung auf der Intensivstation sei unstrukturiert als Emotion im Unterbewusstsein abgespeichert. Patienten könne daher eine spezifische Traumabehandlung angeboten werden, etwa als Schreibtherapie. So werde die Erfahrung „ins Bewusstsein geholt, aufgearbeitet und neu strukturiert“, erklärte Teufel weiter.

Laut der Studie wurde zudem bei bis zu 65 Prozent der Menschen während der Pandemie erhöhter Stress festgestellt. Dabei seien depressive Symptome ab November 2020 noch weiter angestiegen, hieß es. „Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Angst- und Depressionssymptome zwar erhöht, allerdings in ihrem Schweregrad überwiegend nicht so ausgeprägt sind, dass die diagnostischen Kriterien einer psychischen Erkrankung erfüllt sind“, teilte Teufel mit.

Entlastend wirkte es der Forschung zufolge, wenn Menschen sich informiert fühlten und das Vertrauen in politische und gesellschaftliche Maßnahmen hoch sei. Bei den sogenannten Corona-Skeptikern seien die Werte für depressive Symptome und generalisierte Angst deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung gewesen.

In dieser Gruppe sei das Verdrängen besonders stark ausgeprägt, „um einer lähmenden Angst auszuweichen“, erklärte Teufel. Die andere Bewältigungsstrategie - „valide Informationen aufnehmen und verarbeiten“ - werde negiert. Teufel empfahl, Emotionen und Überzeugungen dieser Gruppe ernst zu nehmen und sie nicht in eine Verteidigungshaltung zu drängen. Stattdessen solle mit evidenzbasierten Informationen die Auseinandersetzung gesucht werden.

(jlu/afp)
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