Keine Gefahr für Gesundheitssystem Bundestags-Experten zweifeln Rechtsgrundlage für Reisesperren an

Berlin · Rechtsexperten des Bundestags zweifeln an der Rechtsgrundlage für die in der Corona-Krise verhängten Ausreisebeschränkungen. Es gebe rechtliche Bedenken. Von einer Ausreise würde unmittelbar gar keine Gefahr für das deutsche Gesundheitssystem bestehen.

 Polizisten stehen an einer Bundesstraße.

Polizisten stehen an einer Bundesstraße.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Es gebe „rechtliche und tatsächliche Bedenken“, dass sich das Verbot für Auslandsreisen ohne triftigen Grund so begründen lasse, wie es das Bundesinnenministerium getan habe, schreibt der wissenschaftliche Dienst des Bundestags. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, machte das Papier am Dienstag öffentlich. Zuvor hatte das ARD-Hauptstadtstudio darüber berichtet. In der Corona-Krise gelten seit Mitte März Reisebeschränkungen, mit Ausnahmen unter anderem für Berufspendler.

Das Innenministerium habe seine Anordnung mit dem Schutz der Bevölkerung vor einer Pandemie begründet und damit, dass die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems sichergestellt werden müsse. „Ein kollabierendes Gesundheitssystem würde dramatische Folgen haben und würde eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit bedeuten“, schreiben auch die Bundestags-Fachleute.

Sie schränken aber ein, dass von der Ausreise aus dem Bundesgebiet unmittelbar gar keine Gefahr für das deutsche Gesundheitssystem ausgehe. Es könne zwar sein, dass Ausgereiste wieder einreisen - aber es gebe auch inzwischen in anderen Ländern vielfach Ausgangsbeschränkungen. Und schließlich müsse eine relevante Passage im Passgesetz so verstanden werden, dass sie auf Menschen abziele, von denen eine individuelle Gefährdung ausgehe, etwa Hooligans oder Islamisten auf dem Weg in Kriegsgebiete. Bei jedem Reisewilligen eine Infektionsgefahr anzunehmen, sei dagegen wohl zu pauschal.

Jelpke folgerte, dass die Ausreiseverbote rechtswidrig seien. „Ich erwarte, dass Seehofer seine Anordnungen sofort zurücknimmt“, teilte sie mit.

Der wissenschaftliche Dienst unterstützt die Abgeordneten mit seiner Expertise. Seine Gutachten geben aber nicht die Auffassung des Bundestags wieder.

(ala/dpa)
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