Erste Fälle bestätigt Wie Europa und Deutschland auf die Omikron-Variante reagieren

Berlin/Wiesbaden/Schiphol · Sie wurde im südlichen Afrika entdeckt, nun hat die Omikron-Variante des Coronavirus Deutschland erreicht. In München wurden die ersten beiden Fälle bestätigt. Ein Überblick der Lage und der Reaktionen.

Corona-Proben in einem Labor. (Archiv)

Corona-Proben in einem Labor. (Archiv)

Foto: dpa/Andreas Arnold

In Bayern sind zwei Verdachtsfälle der neuen Virusvariante Omikron bestätigt worden. Nach Angaben des Institutsleiters und Virologen Oliver Keppler steht eine Genomsequenzierung noch aus. Aber es sei „zweifelsfrei bewiesen, dass es sich um diese Variante handelt“. Es handele sich dabei um zwei Personen, die noch vor der Ausweisung Südafrikas als Virusvariantengebiet über den Flughafen München am 24. November einreisten, teilt das Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit. Die Personen befänden sich seit dem 25. November nach einem positiven PCR-Test in häuslicher Isolation. Nach der Berichterstattung über die neue Variante hätten die beiden Personen vorausschauend selbst eine Untersuchung auf die Variante veranlasst.

Das bayerische Gesundheitsministerium forderte Fluggäste, die mit demselben Flug am 24. November aus Südafrika gekommen sind, auf, sich umgehend bei ihrem zuständigen Gesundheitsamt zu melden. Alle Personen, die in den vergangenen 14 Tagen aus Südafrika eingereist seien, sollten sofort ihre Kontakte reduzieren, einen PCR-Test unter Angabe ihrer Reisegeschichte machen und umgehend das Gesundheitsamt kontaktieren.

Überdies gelte, dass alle Personen, die aus den vom Robert Koch-Institut als Virusvarientengebieten eingestuften Gebieten im südlichen Afrika einreisen, 14 Tage in Quarantäne müssen - das gelte auch unabhängig vom Impfstatus. „Wir müssen alles tun, um die Verbreitung der neuen Variante im Freistaat und in Deutschland zu verhindern“, sagte eine Ministeriumssprecherin in München.

Einen weiteren Omikron-Verdachtsfall gibt es in Hessen bei einem Reiserückkehrer aus Südafrika. Dies teilte der hessische Sozialminister Kai Klose am Samstag auf Twitter mit. Das Frankfurter Gesundheitsamt erwartet für diesen Fall am Montag genaue Ergebnisse.

Die Virusvariante Omikron breitet sich offenbar schnell aus, aus vielen Ländern werden inzwischen Fälle gemeldet, darunter Großbritannien, Belgien, Tschechien und Italien. Aus Österreich wurde ein erster Verdachtsfall gemeldet. Israel schließt daher seine Grenzen für Ausländer. Derzeit ist hier ein Omikron-Fall bestätigt, sieben werden untersucht. In Großbritannien, wo zwei Fälle bekannt sind, müssen nun alle Ankommenden am zweiten Tag nach ihrer Einreise einen PCR-Test machen und bis zum Erhalt eines negativen Resultats in Quarantäne gehen, wie der britische Premier Boris Johnson mitteilte.

In den Niederlanden wurden 61 von rund 600 Flugpassagieren aus Südafrika positiv auf Corona getestet, nun wird geprüft, ob die neue Variante darunter ist. Die Tests der Flugpassagiere aus Südafrika seien bei der Ankunft am Flughafen Schiphol in Amsterdam vorgenommen worden, teilte die niederländische Gesundheitsbehörde GGD mit. Die Passagiere kamen demnach mit zwei Flügen aus Südafrika an. Neben den 61 positiven Ergebnissen habe es 531 negative Coronatests gegeben. Die positiv Getesteten würden in einem Quarantänehotel nahe des Flughafens untergebracht, erklärte die Behörde weiter. Es werde nun untersucht, ob sie sich mit der neuen Virusvariante Omikron angesteckt haben.

Die Bundesregierung schränkt aus Sorge vor einer weiteren Ausbreitung die Einreise aus acht Ländern im südlichen Afrika drastisch ein. Südafrika, Namibia, Simbabwe, Botsuana, Mosambik, Eswatini, Malawi und Lesotho sind seit Mitternacht als Virusvariantengebiete eingestuft. Fluggesellschaften dürfen nun im Wesentlichen nur noch deutsche Staatsbürger oder in Deutschland lebende Personen von dort nach Deutschland befördern. Für Einreisende gilt eine zweiwöchige Quarantänepflicht – auch für Geimpfte und Genesene. Sie kann auch nicht durch negative Tests verkürzt werden. Auch zahlreiche andere EU-Länder haben bereits den Flugverkehr mit Südafrika und weiteren Ländern der Region eingestellt.

Das südafrikanische Gesundheitsministerium bezeichnete die verhängten Reiseverbote von EU-Staaten als „drakonisch“. Das Außenministerium beklagte, dies sei „wie eine Bestrafung Südafrikas für seine fortschrittliche Genomsequenzierung und die Fähigkeit, neue Varianten schneller zu erkennen“. Die US-Regierung hat Südafrikas Handeln im Zusammenhang mit der neuen Variante derweil als vorbildlich gelobt. Außenminister Antony Blinken habe in einem Telefonat mit seinem südafrikanischen Amtskollegen Naledi Pandor insbesondere die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Südafrika für die schnelle Identifizierung der Omikron-Variante hervorgehoben, teilte das US-Außenministerium am Samstag mit. Blinken habe auch die südafrikanische Regierung für ihre Transparenz bei der Weitergabe dieser Informationen gelobt. Dieses Verhalten sollte als „Vorbild für die Welt“ dienen.

Noch ist unklar, wie die Covid-19-Erkrankung im Falle einer Infektion mit der neuen Variante verläuft und ob die Gesundheitsgefahr größer ist als bei anderen Varianten. Nach den Worten eines WHO-Sprechers wird es „einige Wochen“ dauern, bis Wissenschaftler die Folgen verstehen können.

Die Impfstoffhersteller haben jedoch die Hoffnung, dass sie die aktuellen Impfstoffe so verändern können, dass sie gegen die Omikron-Variante wirken. Das deutsche Unternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer erklärten, dass sie „spätestens in zwei Wochen“ Daten erwarten, die zeigen, ob ihr Vakzin angepasst werden kann.

Die neue Coronavirus-Variante entfachte auch die Diskussion um die Freigabe der Patente für Corona-Impfstoffe neu. „Die in Südafrika entdeckte Variante zeigt deutlich, dass wir die Patente für die Covid-Impfstoffe temporär freigeben müssen“, sagte die Grünen-Politikerin und Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini, der Zeitung „Die Welt“.

Das Thema Patentfreigabe sollte die 12. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) dominieren, die ab Dienstag in Genf stattfinden sollte. Wegen der Ausbreitung der Omikron-Virusvariante verschob die WTO die Konferenz jedoch kurzfristig. Sie soll nun stattfinden, „sobald es die Bedingungen erlauben“.

Die zuerst im südlichen Afrika nachgewiesene Omikron-Variante (B.1.1.529) wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „besorgniserregend“ eingestuft. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC spricht von ernsthaften Sorgen, dass die Variante die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe erheblich verringern und das Risiko von Reinfektionen erhöhen könnte. Welche genauen Auswirkungen die neue Variante hat, steht allerdings noch nicht fest. Bis es darüber Klarheit gebe, kann es laut WHO noch Wochen dauern.

(felt/csi/hebu/dpa/AFP)
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