Autor und Theologe Peter Hahne "Macht an Ostern die Kirchen auf"

Osnabrück · Der Theologe und Bestseller-Autor Peter Hahne fordert, trotz der Corona-Pandemie Karfreitag und Ostern die Kirchen zu öffnen. "Getränkemärkte haben auf, das Gotteshaus nicht. Wem wollen Sie das erklären?"

 Pfarrer Johannes Dress mit Peter Hahne (rechts) (Archvibild).

Pfarrer Johannes Dress mit Peter Hahne (rechts) (Archvibild).

Foto: Dörner, Hans (hdo)

Das sagte der Publizist der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag). Eine solche Öffnung ließe sich mit einfachen Mitteln sicher gestalten - "mit Abstand, wie im Supermarkt". Auch der Bundestag habe mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen getagt: "Das kann man alles organisieren."

Wer wie er selbst zur Risikogruppe zähle, könne zu Hause bleiben - dies aber aus freien Stücken, ergänzte der frühere ZDF-Moderator und fügte hinzu: "Ein Verbot des Staates, sogar mit Strafen, ist ein Angriff auf die Religionsfreiheit." Derzeit sind die meisten Kirchen im Land zwar zeitweise geöffnet für einzelne Besucher und Beter, aber es finden keine Gottesdienste und Versammlungen statt.

Hahne war von 1992 bis 2009 Mitglied des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er warf der Kirchenführung vor, bereitwillig klein beigegeben zu haben: "Noch bevor der Staat mit Verboten kam, haben sich die Kirchen selbst schon in vorauseilendem Gehorsam geschlossen."

Die Kirchen würden doch immer predigen, dass ihre Gemeinschaft real sei und nicht virtuell. "Man hat in vielen Sonntagsreden gewarnt, sich nicht in der Vereinsamung der Internet-Welt zu verlieren. Soll das alles nicht mehr gelten?", fragte Hahne weiter. Ohne Gottesdienste mitsamt der physischen Präsenz der Gläubigen sehe er den "Markenkern" von Kirche bedroht, so der Autor, dessen aktuelles Buch ("Seid Ihr noch ganz bei Trost!") zurzeit ganz oben in der "Spiegel"-Bestsellerliste steht

Verständnis für geschlossene Gotteshäuser zeigte dagegen der Staats- und Kirchenrechtsprofessor Hans-Michael Heinig, der auch das Kirchenrechtliche Institut der EKD leitet. Zwar handele es sich um einen einmaligen Vorgang seit der Christianisierung Deutschlands, der einen "fraglos massiven Eingriff in die religiösen Freiheitsrechte" darstelle.

Verboten sei ja aber nicht der Gottesdienst, sondern nur die Versammlung dazu. Stattdessen biete sich eine Online-Übertragung an. Man müsse die Gefahr sehen, die einem öffentlichen Zusammenkommen gegenüberstehe. "Es geht um die Grundlagen eines zivilisierten Zusammenlebens, um die Verhinderung eines ungehinderten Massensterbens", gab der Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Göttingen zu bedenken. Klassische Ostergottesdienste zu feiern, halte er daher für "lebensfremd". Der Kern christlicher Theologie sei es, Vernunft und Glauben zusammenzubringen. "Dazu gehört es, unter dramatischen Umständen wie derzeit auch Ostern auf Versammlungen zu verzichten."

"Statt Leerstand lieber Abstand", hielt Hahne dem entgegen. Jede Gemeinde solle selbst entscheiden, wie sie verfahren wolle. Er verwies auf die Barmer Theologische Erklärung von 1934: "Hier haben mutige Christen klar Flagge gezeigt: Der Staat hat in Kirche nicht hineinzureden." Sein Appell laute deshalb: "Macht Karfreitag und Ostern die Kirchen auf."

(felt/kna)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort