Coronavirus-Variante Omikron-Welle lässt sich laut Lauterbach nicht mehr aufhalten

Berlin · Die deutsche Politik ist vor den Feiertagen durch die Omikron-Variante in Alarmstimmung versetzt worden. "Die Omikron-Welle kommt", sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der ARD und sie lasse sich "nicht mehr aufhalten". Aber einen harten Lockdown vor Weihnachten soll es nicht geben.

 Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, äußert sich in der Bundespressekonferenz zu Impfungen (Archivbild).

Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, äußert sich in der Bundespressekonferenz zu Impfungen (Archivbild).

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Gesundheitspolitiker aus Koalition und Opposition brachten neue Lockdown-Maßnahmen ins Gespräch, die möglicherweise noch vor Weihnachten beschlossen werden sollten. Ab Montag ist zudem der Omikron-Hotspot Großbritannien als Virusvariantengebiet eingestuft - Einreisen von dort sind dann erschwert.

"Wir haben jetzt eine kritische Zahl von Omikron-Infizierten überschritten", sagte Lauterbach am Sonntag in der ARD. Die Politik müsse nun der unvermeidlichen Ansteckungswelle "begegnen". Einen schnellen Lockdown schloss er aber aus. "Einen Lockdown - so wie in den Niederlanden, vor Weihnachten - den werden wir hier nicht haben." Über konkrete Maßnahmen werde entschieden, wenn der Expertenrat der Regierung Anfang der neuen Woche seine Empfehlungen zum Umgang mit Omikron vorlegen werde.

Gesundheitspolitiker aus dem Bundestag gingen weiter als der Minister und regten neue Lockdown-Maßnahmen an. Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sprach sich für schnelle und harte Einschränkungen aus, um die Verbreitung der Omikron-Variante zu bremsen.

"Länder wie die Niederlande, die nun in einen Lockdown gehen, legen nahe, dass geringfügige Maßnahmen nicht ausreichen", sagte Dahmen am Sonntag den "Handelsblatt". "Die Schließung des nicht-essentiellen Einzelhandels kann genauso ein Instrument sein wie branchenweite Betriebsferien bis in den Januar hinein, um Omikron unter Kontrolle zu kriegen."

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte unserer Redaktion: „Omicron erfordert mehr denn je konzentrierte Wachsamkeit und entschlossenes Handeln.Ich habe immer gesagt: Es darf zu keinem Zeitpunkt ein nachlässiger Blick auf die Pandemie entstehen. Wir nehmen die Corona-Entwicklungen bei unseren europäischen Nachbarn aufmerksam wahr und die aktuellen Hinweise aus der Wissenschaft ausgesprochen ernst. Das bedeutet auch, dass wir uns als Gesellschaft auf fordernde Umstände einstellen müssen. Die Politik muss den Bürgern ehrlich sagen, dass Einschränkungen im Alltag auch im neuen Jahr zwingend notwendig sein werden – ich bin sicher, viele Menschen rechnen auch damit. Sie erwarten von uns zu Recht eindeutige Ansagen und so viel Planungssicherheit, wie sie in einer Pandemie möglich ist. Bund und Länder müssen daher noch vor Weihnachten einen Fahrplan für die nächsten Wochen vereinbaren.“

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge (CDU), forderte ein Bund-Länder-Spitzentreffen noch vor dem Jahreswechsel. "Falls Omikron so gefährlich ist wie befürchtet, werden die bisherigen Schutzmaßnahmen nicht ausreichen", sagte Sorge den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung" vom Montag. "Dann müssen wir in verschiedenen Lebensbereichen über neue Einschränkungen beraten: in Schulen, im öffentlichen Raum, leider sogar auch im privaten Umfeld - so schmerzvoll das auch ist."

Unionsfraktionsvize Sepp Müller (CDU) sagte den Funke-Zeitungen vom Montag: "Nach allen Berechnungen wird Omikron spätestens Ende Januar die vorherrschende Variante sein. Im schlimmsten Fall werden wir bis zu 700.000 Neuinfektionen pro Tag haben." Deswegen dürfe es "keine Denkverbote geben".

Am Samstag hatten sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern zu einem Sondertreffen zusammengeschaltet, um über Omikron zu sprechen. Sie empfahlen schärfere Einreisebestimmungen für Länder, die als Virusvariantengebiet eingestuft sind.

Die Länderminister hatten den Bund am Samstag auch ausdrücklich aufgefordert, Großbritannien als Virusvariantengebiet einzustufen. Der Bund kam dieser Forderung umgehend nach. Die Omikron-Variante des Coronavirus habe sich in Großbritannien "sehr deutlich" ausgebreitet, erklärte der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU).

Lauterbach bekräftigte am Sonntag mit Blick auf die aktuelle Lage sein Plädoyer für eine allgemeine Impfpflicht. Nur so lasse sich das Coronavirus auf längere Sicht kontrollieren. "Ich glaube, dass wir es bewältigen können, wenn wir mit der Impfpflicht Impflücken schließen", sagte er in der ARD. "Die Varianten, die jetzt kommen, die sind so ansteckend, dass man sich Impflücken, die bei freiwilliger Impfung übrigbleiben, nicht leisten kann."

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen sank in Deutschland derweil weiter. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Sonntagmorgen lag der Wert bei 315,4. Am Vortag hatte er noch bei 321,8 gelegen, vor einer Woche bei 390,9.

Die Gesundheitsminister fürchten aber ein abermaliges Ansteigen - Minister Lauterbach hatte bereits am Freitag vor einer "massiven fünften Welle" gewarnt.

(felt/AFP)
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