Studien zeigen schwache Wirksamkeit Omikron – vierte Impfung rückt näher

Düsseldorf · Gegenüber der neuen Variante schwächelt Biontech, wie Studien von Biontech und Forschern zeigen. Durch eine Auffrischimpfung steigt die Wirksamkeit zwar wieder an, besser wäre ein angepasster Impfstoff. Der könnte Ende März kommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

 Das Impfen wird nicht aufhören.

Das Impfen wird nicht aufhören.

Foto: dpa/Jan Woitas

Die Pandemie ist nicht vorbei. Die Omikron-Variante macht das Boostern noch wichtiger und 2022 wohl einen angepassten Impfstoff nötig. „Es sieht nicht gut aus für zweifach Geimpfte. Dritte Dosis nötig“, twitterte der Virologe Christian Drosten. Seine Kollegin Sandra Ciesik von der Universität Frankfurt zeigt, wie schnell der Effekt verpufft: Sechs Monate nach einer zweifachen Impfung mit Biontech, Moderna oder Astrazeneca/Biontech sei eine Antikörperreaktion nicht mehr messbar.

Wie gut wirken Impfstoffe gegen Omikron? Biontech prüft in Labortests, wie gut Antikörper aus dem Blut von Geimpften gegen Omikron wirken. Enttäuschendes Ergebnis: Das Neutralisierungspotenzial eines zweifach Geimpften ist bei Omikron im Vergleich zum Corona-Wildtyp um das 25-Fache niedriger. Viele Antikörper können Omikron nicht erkennen oder nicht bekämpfen, weil die Variante gerade an den Spike-Proteinen, die für das stachelige Aussehen und Andocken im Körper sorgen, stark verändert ist. Das heizt den Vormarsch an. „Ich erwarte, dass Omikron in den ersten Wochen des neuen Jahres die Regie übernimmt. Wie es aussieht, handelt es sich dabei um eine Fluchtvariante (Immun Escape), gegen die vorhandene Impfstoffe einen geringeren Schutz bieten“, sagt Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein.

War das Impfen also sinnlos? Nein. Erstens haben die Impfungen die Menschen viele Monate vor der Delta-Variante geschützt, die auch weiter wütet. Zweitens besteht die Immunantwort nicht nur aus Antikörpern, sondern auch aus T-Zellen. Antikörper vernichten die Viren, T-Zellen die bereits befallenen menschlichen Zellen. Und den T-Zellen scheint Omikron nicht zu entwischen. Damit helfen die Impfungen weiterhin, schwere Verläufe zu vermeiden.

Ist eine Anpassung des Impfstoffs nötig? Ja, wie die Ciesik-Studie nahelegt. Schon drei Monate nach einer dritten Impfung mit Biontech liegt demnach bei Omikron die Neutralisation nur noch bei 25 Prozent, bei der Delta-Variante sind es 95 Prozent. Biontech und Moderna arbeiten an der Anpassung. Biontech geht davon aus, ein angepasstes Vakzin bis Ende März auf den Markt bringen zu können. Dann geht alles von vorne los. „Angesichts der Omikron Variante gehen wir von einer vierten Impfkampagne aus“, so Preis.

Wie wird die neue Kampagne organisiert? „Dann werden erweiterte Impfmöglichkeiten auch in Apotheken unbedingt erforderlich sein. Denn dann muss das Boostern ganz besonders schnell durchgeführt werden“, sagt Thomas Preis. Dann muss sich die Politik entscheiden, ob sie die neue Kampagne zentral organisiert oder den Ärzten überlässt. „Wünschenswert wäre eine klare Kommunikation seitens der politischen Entscheidungsträger, die das Impfgeschehen in den Praxen erleichtert, statt es durch sich immer wieder ändernde Rahmenbedingungen zu erschweren“, erklärte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein.

Lohnt sich das Boostern überhaupt noch? „Boostern lohnt auf jeden Fall, man sollte nicht auf einen möglichen neuen Impfstoff warten. Noch herrscht die Delta-Variante vor. Auch gegen schwere Verläufe bei Omikron bietet die Booster-Impfung nach aktuellen Stand einen guten Schutz“, sagt Preis. Die Biontech-Studie unterstreicht das: Danach erhöht die dritte Dosis den Antikörper-Spiegel wieder um das 25-Fache. Man vergibt sich auch keine Chance auf die vierte Impfung: „Eine Impfung mit einem neuen Vakzin ist nach wenigen Monaten möglich, es besteht keine Gefahr der Über-Impfung“, sagt Thomas Preis. Wer jetzt geboostert wird, kann im April also Dosis Nummer vier erhalten. „Menschen über 60 Jahre und mit Vorerkrankungen sollten sich noch vor Weihnachten boostern lassen, wenn die letzte Impfung mindestens fünf Monate zurückliegt. Familienfeiern in geschlossenen Räume tragen nun mal besonders zur Verbreitung des Virus bei“, sagt Preis.

Was bedeutet Omikron für Kinder? „Erste Berichte deuten darauf hin, dass Omikron auch zu vielen Ansteckungen unter Kindern führt. Damit könnten Impfungen der Kinder zum individuellen Schutz wesentlich sinnvoller werden“, sagt Preis. In Südafrika werden laut Presseberichten viele Kinder positiv getestet, allerdings gibt es demnach kaum schwere Verläufe. In NRW können die Ärzte ab Freitag, 17. Dezember, mit dem Impfen der Kinder zwischen fünf und elf Jahren beginnen. Für ältere Kinder ist das seit Sommer möglich. Boosterimpfungen sind bisher aber erst ab 18 Jahren möglich, weil weder Biontech noch Moderna eine Zulassung für Auffrischimpfungen bei Jugendlichen haben. „Ich kann mir vorstellen, dass wir im Laufe des nächsten Jahres auch Boosterimpfungen für Jugendliche sehen werden“, meint Preis.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort