Mehr Angebote für Jugendliche Laumann plant Impfaktionen in Berufsschulen

Düsseldorf · Die Infektionszahlen steigen. Die Kanzlerin warnt vor der vierten Corona-Welle. NRW erleichtert nun das Impfen der Kinder und erwägt Impfaktionen in Berufsschulen.

 Ein Jugendlicher beim Impfen (Symbolfoto).

Ein Jugendlicher beim Impfen (Symbolfoto).

Foto: dpa/Helmut Fricke

Angesichts steigender Infektionszahlen wächst die Sorge vor dem Herbst. Am Freitagmorgen lag die deutschlandweite Inzidenz bei 13,2, vor allem junge Menschen infizieren sich neu. Um mehr Kindern ab 12 Jahren die Chance auf eine Impfung zu geben, öffnet NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ab sofort die Impfzentren auch für diese Altersgruppe. „Ich habe mit vielen Kinderärzten gesprochen. Dabei wurde deutlich, dass die Möglichkeit der Corona-Impfungen für Kinder ab 12 nicht in allen Regionen gleichermaßen verteilt ist“, sagte Laumann. Das Land stärke mit der Öffnung der Impfzentren für Kinder die medizinische Wahlfreiheit der Eltern. Bislang sind erst sechs Prozent der unter 18-Jährigen in NRW wenigstens einmal geimpft.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Impfung von Kindern nur bei bestimmten Vorerkrankungen, obwohl der Biontech-Impfstoff ab 12 Jahren uneingeschränkt zugelassen ist. Die Stiko-Haltung hat manche Kinderärzte bislang abgehalten, Termine anzubieten. Nun können sich Eltern an die Impfzentren wenden. Dort wird wie in den Praxen eine individuelle Risikoabschätzung vorgenommen. Zudem können Eltern in einem Register der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein eine Praxis in der Nähe ermitteln, die auch praxisfremde Kinder impft.

Zugleich erwägt Laumann Impfaktionen in Berufsschulen. „Minister Laumann findet die Idee, Impfungen an Berufsschulen anzubieten, die von Über-16-Jährigen besucht werden, durchaus sinnvoll“, sagte sein Sprecher. Hierzu würden sich Gesundheits- und Schulministerium bereits in Gesprächen befinden. Für andere Schulen wie Gymnasien sind solche Impfaktionen aber nicht geplant: „Solche Überlegungen gibt es für den Bereich der Regelschulen nicht“, so der Sprecher.

Derweil betonte das NRW-Schulministerium, dass vollständig geimpfte Schüler nach den Sommerferien von der Testpflicht an Schulen befreit sind: „Ja. Die aktuelle Coronabetreuungs-Verordnung regelt: Eine Immunisierung durch Impfung oder Genesung steht dem Nachweis eines negativen Testergebnisses gleich“, hieß es im Ministerium von Yvonne Gebauer (FDP). Schüler ohne Impfung oder durchgemachte Infektion müssen sich dagegen weiter zweimal in der Woche in der Schule testen lassen.

Die Infektionszahlen machen auch der Kanzlerin Sorge. Deutschland befinde sich auf dem Weg in eine vierte Corona-Welle, die Zahlen stiegen besorgniserregend, sagte Angela Merkel (CDU) auf ihrer voraussichtlich letzten Pressekonferenz vor der Hauptstadtpresse. Sie appellierte an alle Bürger, sich impfen zu lassen. „Je mehr geimpft sind, desto freier werden wir sein auch als Gemeinschaft“, sagte sie mit Blick auf drohende neue Einschränkungen.

Zuvor hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor einem Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland gewarnt. Im September schon könne die Marke von 400 und im Oktober die von 800 überschritten werden. Merkel betonte, dass auch im Herbst noch Maskenpflicht und regelmäßiges Testen nötig sein werden. Man dürfe nicht nur an die Geimpften denken, sondern auch an die, die wie kleine Kinder keine Impfung bekommen könnten.

Der Telematik-Professor Kai Nagel von der Technischen Universität in Berlin, der die Ausbreitung des Erregers berechnet, hält das Wachstum von mehr als 50 Prozent bei den Infektionen für „sehr beunruhigend“. Allerdings ist die Inzidenz angesichts des steigenden Anteils der Geimpften nicht mehr der entscheidende Wert. Nach einer Simulation des Robert-Koch-Instituts werden bei einer Impfquote von 75 Prozent der 16- bis 59-Jährigen die Inzidenzen im Herbst zwischen 50 und 100 liegen. Dann müssten nur 1500 Personen in den Krankenhäusern intensiv behandelt werden. Im Januar lag die Zahl noch bei 5700. Das führte die Kliniken an die Grenzen ihrer Kapazität.

Experten plädieren deshalb für eine stärkere Beachtung der Krankenhaus-Einweisungen. Auch Nagel hält eine Steuerung der Pandemie anhand der Hospitalisierungsrate für angemessen. „Der Anstieg in den Krankenhäusern ist lange vor dem Eintreten einer Überlastungssituation deutlich zu sehen“, meint der Corona-Experte.

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